Mit der Düsseldorfer Bezirksregierung ist es wie mit dem Kopftuch und dem Islam: ein Wort, und jeder weiß, was jetzt wieder kommt. Herr Büssow würde, wenn er aus Görlitz stammte, einen PDS-Ortsverein gründen. Er vertritt die zensoristische Parole: "Nazis raus aus dem Internet." Als sinnfreies Statement ist das Satz sympathisch: Nazis raus, aus dem Universum und auch anderswo. Aber eben ein sinnfreies Statement. Das Böse raus aus der Welt. Das Gute rein. Oder so ähnlich.
Jetzt wird es kompliziert: Büssow vertritt a), wie bekannt eine politische Meinung, die ein Revival der siebziger Jahre bedeutet - Berufsverbot für seine Kritiker inklusive. Und der WDR zum Beispiel unterstützt seine Zensurbemühungen. Und b) vertritt Büssow eine ganz spezielle Medientheorie: er und seine Hilfswichtel wollen das Böse gar nicht erst auf den sittlich gefährdeten Medienkonsumenten loslassen. Da ist es nur zu konsequent, dass Suchmaschinen als Transporteur des Bösen in die Pflicht genommen werden sollen. Aber nur in Nordrhein-Westfalen. Weiter reicht der Herrschaftsbereich der Düsseldorfer Bezirksregierung nicht. Zu den Google-hacks kommt dann demnächst eine typisch deutsche Länderausgabe unter der URL www.nrw.google.de.
Das alles ist für jeden, der über technisches Grundwissen, das Internet betreffend, verfügt, Slapstick und grober Unfug. Der Versuch, die Autobahn für die Insassen der Fahrzeuge haftbar zu machen, die auf ihr entlangfahren, wäre ähnlich "logisch". Politikern mit Tunnelblick wie Büssow ist es aber völlig egal, dass sie in Reports der Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen zusammen mit Diktaturen auftauchen. Wer die Presseberichte über das Böse im Internet über längere Zeit verfolgt hat, weiß auch, dass die Zahlenangaben meistens frei und nicht einmal gut erfunden worden sind.
Wenn Büssow nicht so unwichtig wäre, müsste man fürchten, dass Google auf seine Wünsche einginge. Google filtert ohnehin - nach Kriterien, die niemand genau kennt. Aber viel schlimmer ist, dass kaum jemand politisch oder durch die Medien gegensteuert. Die Presse schläft den Schlaf der ahnungslosen Gerechten. Gerade in der Medienstadt Kön, von wo aus man beinahe nach Düsseldorf spucken kann, rührt sich kaum jemand. Warum? fragt sich der Völkerkundler. Ich frage das nur, um einen running gag dieses kleinen Familienforums anzubringen: Zensur, wenn es gegen die jeweils Bösen geht, ist in Deutschland immer hoffähig. Die demokratische Patina ist sehr dünn. Wegen Leitkultur und Obrigkeitsstaat. Und hier wachsen mehrere Themen zusammen, die scheinbar gar nicht zusammengehören: Die Zensur Büssows passt haargenau zu der Tatsache, dass Deutschland das einzige Land Europas ist, das kein landesweites Informationsfreiheitsgesetz hat. Und: Nordrhein-Westfalen hat eine enge Bindung zu dem Land, dass sich mit Zensur bestens auskennt - der Volksrepublik China. Die Abbildung beweist das.
22.10.2003
© BurkS