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 Der Todessprung des Kemal Altun Nächstes Thema anzeigen
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burks
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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
Beiträge: 6757
Wohnort: Berlin-Neukoelln

BeitragVerfasst am: 31.08.2003, 01:26 Antworten mit ZitatNach oben

Am 30. August 1983 sprang Kemal Altun in den Tod. Der 23jährige Student stürzte sich aus einem Fenster des sechsten Stock des Verwaltungsgerichts in der Berliner Hardenbergstraße. Damals waren viele Menschen geschockt, weil Altun der erste politische Flüchtling war, der sich aus Angst vor der Abschiebung umbrachte. Heute regt sich über Tote niemand mehr auf. Die menschenverachtende Praxis, Menschen ohne Pass oder mit einem falschen in den Knast zu stecken, ist das Rückgrat der rassistisch motivierten Abschreckung von Migranten. Das sagt man aber nicht. Das steht so auch nur selten in den Mainstream-Zeitungen. Das könnte die Leser verschrecken und riecht als Meinung meilenweit nach Linksextremismus. Wo kämen wir denn da hin.

Der Tagesspiegel schreibt: "Altun hatte den deutschen Behörden, die seinen Asylantrag bearbeiteten, mitgeteilt, dass man ihn fälschlicher Weise beschuldige, an der Ermordung eines türkischen Ministers beteiligt gewesen zu sein. Er beteuerte, nichts mit der Tat zu tun gehabt zu haben. Die deutschen Behörden fragten in Ankara nach, ob etwas gegen Altun vorliege, und verrieten den Militärs dadurch, wo sich der junge Mann aufhielt." Altun wurde als politisch Verfolgter anerkannt, blieb aber noch 13 Monate (!) im Moabiter Abschiebeknast. Der Grund: der damalige CSU-Rechtsaussen und Bundesinnenminister Eduard Zimmermann, genannt Old Schwurhand, hatte den Bundesbeauftragte für Asyl-Angelegenheiten angewiesen, trotz internationaler Proteste - gegen die Anerkennung Altuns zu klagen. "Sowohl Zimmermann als auch dem damaligen Justizminister Hans A. Engelhard (FDP) lag an einer guten polizeilichen Zusammenarbeit mit der Türkei." Für eine polizeiliche Zusammenarbeit geht man natürlich über Leichen.

Das Neue Deutschland schreibt: "111 Menschen nahmen sich seither aus Angst vor drohender Abschiebung das Leben oder starben beim Versuch, sich ihr zu entziehen. 45 von ihnen befanden sich in Abschiebehaft. Die Antirassistische Initiative Berlin listet die tödlichen Folgen der deutschen Flüchtlingspolitik seit Jahren regelmäßig akribisch auf, von öffentlicher Seite werden solche Bemühungen nicht unternommen."

Man muss es noch deutlicher sagen: Die Bundesregierung fördert alle möglichen und unsinnigen Projekte "gegen rechts", die oft nur aus heisser Luft bestehen. An der Normalität des in Gesetzesform gegossenen Rassismus ändert das gar nichts. Beispiele: Der Nigerianer Kola Bankole erstickte am 30.8.1994 an einem Knebel, der ihm Beamte des Bundesgrenzschutzes in den Mund geschoben hatten. Er sollte in einer Lufthansa-Maschine abgeschoben werden. "Zuvor war er mit Klebeband und Klettbändern an Händen und Füßen gefesselt, mit Skisocken und einem Rollladengurt geknebelt und mit gespritzten Psychopharmaka ruhig gestellt worden. Gegen die vier BGS-Beamten fand kein Prozess statt, das Verfahren wurde eingestellt." In der Nacht zum 30.8.2000 stürzte der 28-jährige Mongole Altankou Dagwasoundel beim Versuch, aus der Abschiebehaft in Berlin-Köpenick zu fliehen, in den Tod.

Was lehrt uns das? Die mehr als hundert Tote als billigend in Kauf genommene "Kollateralschäden" des Abschiebeknastes müssen der Zahl derjenigen zugerechnet werden, die als Opfer rassistischer Gewalt ihr Leben lassen mussten. Das wird aber nie geschehen, dessen kann man sicher sein. Da sind der Verfassungsschutz und seine Extremismus- alias Totalitarismus-Doktrin alias affirmative staatlich sanktionierte Geschichtsfälschung vor. Der Staat und seine Gesetze gelten immer als normal und nicht "extremistisch". Deshalb sind sie per se gut. Dass Deutschland im europäischen Vergleich nicht "normal" ist, beweist die unstrittige Tatsache: hierzulande beschweren sich nur die marginalisierte linke Szene und ein paar Verehrer höherer Wesen gegen den staatlichen Rassismus. Illegale Immigranten haben keine offizielle Lobby. In Frankreich ist das anders: Die sans papiers kämpfen für ihre Rechte, alle paar Jahre gibt es eine Amnestie - in Deutschland undenkbar. Das würden schon die Gewerkschaften ihren Mitgliedern nicht zumuten. Hier latschen die Spießbürger auf der Strasse herum und veranstalten Fackelzüge gegen das Böse. Vor dem Abschiebeknast in Berlin-Grünau, wo es Tote und Suizid-Versuche gegeben hat, wurden die Massen der Lichterkettenträger aber noch nicht gesehen.

Weitere Links:
Abschiebehaft.de
Aktionen zum Tag gegen Abschiebungshaft
nadir-aktuell - Thema: Antirassismus
Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein - Materialien zur Verfahrensberatung für Abschiebehäftlinge
Initiative gegen das Chipkartensystem
illegalisiert.at


31.08.2003
© BurkS

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