www.burks.de Foren-Übersicht www.burks.de
Burkhard Schr�ders [Burks] Forum - f�r Kosmopoliten und Kaltduscher
burks.de: Forum für Kosmopoliten und Kaltduscher
burksblog.de: ab 01.01.2008 geht es hier weiter!
privacyfoundation.de: German Privacy Foundation
 FAQ  •  Suchen  •  Mitgliederliste  •  Benutzergruppen   •  Registrieren  •  Profil  •  Einloggen, um private Nachrichten zu lesen  •  Login
 [Latinoblog 12] Guyana 3 - Country for Indiana-Jones-Types Nächstes Thema anzeigen
Vorheriges Thema anzeigen
Neues Thema eröffnenNeue Antwort erstellen
Autor Nachricht
burks
Webmaster
Webmaster


Anmeldungsdatum: 07.10.2002
Beiträge: 6757
Wohnort: Berlin-Neukoelln

BeitragVerfasst am: 28.08.2003, 23:21 Antworten mit ZitatNach oben

Country for Indiana-Jones-Types

Fortsetzung von [Latinoblog 10 Guyana 1] "Das geheimnisvolle Land am Ende der Welt" und [Latinoblog 11 Guyana 2] "Die Rebellion der Rancher". Die Bilder in Originalgrösse sind nur für registrierte Nutzer des Forums zugänglich.

Ein vergilbtes kleines Schild der Guyana Airways corporation hängt hinter mir an meinem Bücherregal: Baggage Tag steht darauf. Ich kann mich noch erinnern, dass ich ziemlich viele Guyana Dollar für das Übergewicht meine Rucksackes zahlen musste. Kleine, unwichtige Ereignisse, die Gefühle auslösen, Erinnerungen, den Wunsch, dorthin zu reisen und nachzusehen, was sich seitdem geändert hat. Die Fluggesellschaft gibt es nicht mehr, alle Flüge wurden eingestellt. Heute fliegt Trans Guyana Airways die kleine Orte abseits der Küste an.

Von Lethem in der Rupununi-Savanne flogen wir nach Georgetown, der Hauptstadt Georgetowns. In kleinen Ländern mit sehr kleinen Fluglinien erwarten einen Überraschungen, die das Reisen interessant machen: unsere alte Propellermaschine landete in Mahdia im Landesinneren. Ein Flugzeugwrack verrottete neben der Landepiste, nicht unbedingt zur Beruhigung der wenigen Fluggäste. Zu unserer aller Überraschung setzte sich das Flugzeug sofort wieder in Bewegung - ohne uns. Es sei ein einheimischer Fotograf an Bord, der müsste ein paar schöne Fotos von oben schiessen. Die Maschine drehte ein paar Kurven, landete wieder, und ab ging die Reise zum Timehri Airport, einer der Flughäfen, der in der Zeitung steht, wenn die Rollbahn wieder mal asphaltiert wird.

Das Wahrzeichen Georgetowns ist der Stabroek Market (Bild oben, 2.v.l.), dessen schöner Turm das Stadtzentrum überragt. Über den historischen Stabroek Market heisst es auf der Website des National Trust - so etwas wie der Denkmalschutz von Guyana: "This ward of the city of Georgetown has an oblong form being one fourth of a mile broad and one mile long. It was established by the French in 1782 on the Company's reserve and was named by the Dutch after Nicholas Gleevinck; Lord of Stabroek, the then President of the Dutch West India Company  in 1784." Die Stadt hieß früher Stabroek und wurde erst 1812 umbenannt. Wer eine exotische Mischung aus französischer, holländischer und englischer Architektur des 19. Jahrhunderts sehen will, ist in Georgetown gerade richtig.

1982 quartierten wir uns im Rima im Stadtteil Cummingsburg ein, in genau demselben Guest House, in dem ich schon 1979 eine Woche verbracht hatte - ein altes zweistöckiges Haus (Bild links, 2.v.b rechts) im colonial style; es gab englisches Frühstück und strenge Ermahnungen des grauhaarigen schwarzen Besitzers, der um uns besorgt war, keine Fremden mitzubringen und in der Stadt extrem vorsichtig zu sein. Falls jemand der wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser jemals nach Guyana kommt: das Rima Guest House ist erste Wahl und unter Globetrottern als Treffpunkt in Georgetown beliebt.

Aus dem Fenster blickten wir direkt auf die Botschaft von Trinidad und Tobago (Bild oben, 4.v.r). War waren von sechs Monaten Altiplano und Dschungelabenteuern im Herzen Südamerikas erschöpft und unser Bedarf an Sehenswürdigkeiten iwar schnell gedeckt. Imposant war die St. George's Cathedral, eines der höchsten, wenn nicht das höchste Holzhaus der Welt (bild links, 2.v.u.). Eines sehenswertes und filigranes Gebäude ist die City Hall (Bild oben ganz rechts) - ein Muss für jeden Reisenden in Georgetown. Die Amerindians, die Ureinwohner Guyanas, bauten ebenso riesige Holzhäuser mit Spitzdach, Umana Yana genannt, übersetzt: Treffpunkt für Menschen.

Leider ist die Sektendichte in Georgetown ungefähr so wie in den USA. In manchen Stadtvierteln ist jedes dritte Haus irgendein religiöser Versammlungsort. Am kleinen Hafen schrie mir ein Schild entgegen: Be a muslim now! 1979 schlenderte ich mit meinem damaligen Reisepartner dort entlang, wir sahen Hafenarbeitern zu, die Schiffe entluden. Zwei Weiße erblickten uns und riefen uns zu: May we help you? Sie hielten uns wohl für Amerikaner und lachten sich darüber kaputt. Wir verstanden aber ihr Sächsisch - es waren Ingenieure aus der DDR. Als wir in Deutsch antworteten, waren sie völlig verblüfft, wollten aber nicht mit uns reden. Guyana kooperierte damals mit sozialistischen Staaten. Bei meiner zweiten Reise 1982 konnte ich im Zoo Georgetowns eine Ausstellung über "30 Jahre DDR" bewundern. Dafür hätte ich nicht nach Südamerika reisen müssen...

Direkt vor der US-Botschaft (Bild links, 3.v.u.) musste ich mich mit einem Strassenräuber prügeln. Ich hielt eine Flasche Rum in der Hand, die ich gerade gekauft hatte, als jemand mir von hinten einen Arm den Hals legte und mit dem anderen versuchte, in meine linke Hosentasche zu greifen, wo ich eine kleine Kamera hatte. Ich hätte ihm mit der Flasche auf den Kopf schlagen können, aber irgendwie verspürte ich keine Angst, sondern warf sie auf den Rasen - schon mit dem Gedanken, es sei schade um den schönen Rum. Wir rangen ein wenig herum, waren wohl beide gleich stark. Als ich versuchte, dem Räuber in das Gemächt zu greifen, liess er von mir ab und rannte davon. Der einzige Versuch eines Überfalls, den ich während meine Reisen in Südamerika - insgesamt mehr als zwei Jahre - erlebt habe.

Lonely Planet schreibt: "Dutch and British colonization made an indelible mark on Guyana, leaving behind a now dilapidated colonial capital, a volatile mix of peoples and a curious political geography. The country's natural attractions, however, are impressive, unspoiled and on a scale that dwarfs human endeavor. Guyana has immense falls, vast tropical rainforest and savanna teeming with wildlife. If the government doesn't destroy the environment in a bid to pay off its huge foreign debt, Guyana could be the eco-tourism destination of the future. Right now, it's the place for independent, rugged, Indiana Jones types who don't mind visiting a country that everybody else thinks is in Africa."

Ich habe hier noch einen fast verblassenen Fotoband von Robert J. Fernandes, einem Fotografen aus Georgetown, über den Google nur einen Link findet. Visions of the Interior heisst das schmale Buch mit einem Einband aus Pappe: zwei Dutzend Fotos der Wasserfälle im Innern Guyanas - Fotos von überwältigender Schönheit. Guyana ist etwas für echte Globetrotter: Ich spüre die Riemen des Rucksacks auf meinen Schultern knirschen, höre das sanfte Plätschern, wenn der Aussenborder mit halber Kraft das Boot einen schmalen Flussarm aufwärts treibt, höre die durchdrehenden Reifen eines Jeeps, der in einem Wasserloch feststeckt, die Propeller eines kleinen Flugzeugs, das in sanftem Bogen über die Savanne fliegt, die Abendsonne im Hintergrund, sehe die Termitenhügel der Rupununi und die blauen Berge der Guyana Highlands.

By the way: welche interessante Frau traut sich, mit mir nach Guyana zu fahren? Smile Und von dort aus nach Manaus am Amazonas? Und von da aus nach Iquitos in Peru? Oder nach Norden zu den Tepuis in Venezuela?

Zum Vergrössern auf die Bilder klicken!

31.08.2003
©BurkS


Benutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenE-Mail sendenWebsite dieses Benutzers besuchen
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:      
Neues Thema eröffnenNeue Antwort erstellen


 Gehe zu:   



Nächstes Thema anzeigen
Vorheriges Thema anzeigen
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.


Powered by phpBB © 2001, 2002 phpBB Group :: FI Theme :: Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde