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burks
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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
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BeitragVerfasst am: 24.07.2003, 00:41 Antworten mit ZitatNach oben

[Die Söhne der Witwe 3] In der Kammer der verlorenen Schritte 3

Warum aber halten Männer das Ritual um die Trennung von den Frauen geheim? Kleine Kinder legen sich oft im Spiel eine "geheime" Sprache zu oder brüsten sich vor Erwachsenen, sie verfügten über gewichtige, denen unbekannte Erkenntnisse. Das ist zu natürlich; sie wollen damit zeigen, dass sie nicht unterlegen sind, dass sie über Wissen verfügen, das dem pädagogischen Informationsmonopol der Großen gleichkäme. Wissen bedeutet Macht, und wer geheimhält, was er weiß oder vermag, ist um so mächtiger. Kein Wunder, dass gerade den Freimaurern wegen ihrer Verschwiegenheit verschwörerische Absichten, finstere Machenschaften und undurchsichtige, mächtige Hintermänner unterschoben wurden.

In eiern Gesellschaft, in der der Zugang zu Informationen allen offen steht oder stehen soll, ist es schwierig, etwas zu verschweigen. Man kann jedoch ein System von miteinander verknüpften 'Informationen' künstlich herstellen, eine Hierarchie von Bedeutungen bestimmter Symbole, die ein "Suchender" erst mühsam erlernen muss. Auch eine Rolle Toilettenpapier könnte Gefühle und Assoziationen hervorrufen, wenn sich eine Gruppe von Menschen darauf verständigt, sie als Erkennungsmerkmal für psychische Zustände zu benutzen. Es ist nur einfacher, Dinge oder Körperhaltungen zu nehmen, die in der Vergangenheit eine rituelle, mythologische oder allgemein weltanschauliche Bedeutung gehabt haben. Beispiele sind: das Kreuz, das in einigen südamerikanischen Kulturen dem Sternbild Kreuz des Südens abgeschaut wurde und als astrologischer Querverweis alles mögliche bezeichnet, bei uns jedoch an den Tod Christi erinnert; der fünfzackige Stern, bestimmte Buchstabenkombinationen oder geometrische Figuren.

Sieht ein kunstgeschichtlich unbedeckter Tourist eine Kirche oder einen Tempel, der von zwei Säulen flankiert wird, denkt er zunächst an Statik. Ist er aber in freimaurerischer Symbolik bewandert, fallen seine Assoziationen wie eine Reihe Dominosteine; die beiden Säulen des salomonischen Tempels (Jakin und Boas, vielleicht eine Tarnung für die damaligen Konkurrenzgötter Jahwe und Baal), Festigkeit und Stärke, Pflicht und Liebe, männlich und weiblich, Wille und Gefühl, Verstand und Eingebung. So hat man ihn gelehrt. Ungeachtet dessen, dass man auch auf die Idee kommen könnte, die zwei Säulen stünden für Revolution und Aufruhr, Staat und Anarchie, Frauen- und Männergruppen, was aktueller wäre, haben sich er und seine weltanschauliche Bezugsgruppe auf etwas anderes geeinigt.

Die Freimaurer sehen das anders. Das Symbolverständnis sei nicht von einem Konsens abhängig, sagt Wolfram Kraffert, Altstuhlmeister einer Loge. Jeder könne denken, was er wolle. Es gebe aber Erscheinungsformen, "die uns aus archaischer Zeit anwehen, die epochen- und kulturübergreifend zu allen Zeiten als schlichte Ausdrucksmittel des rational nicht Erfassbaren vorhanden sind und benutzt wreden." Symbolerfahrung ermögliche den "gemütsmässigen Zugang zu Erfahrungen, die reinem Nachdenken nicht zugänglich wären."

Die Anthropologin Mary Douglas widerspricht dieser Auffassung. Es gäbe keine natürliche Bedeutung von Symbolen, behauptet sie, auch keine "allen Menschen gemeinsame physiologische Beschaffenheit zur Grundlage von symbolischen Ausdrucksformen..., die für alle Menschen unmittelbar verständlich wären. Eine für die unterschiedlichen Kulturen gültiges, allgemeine menschliches Symbolsystem ist schlechterdings unmöglich." Wenn eine ägyptische Priesterin mit der Weltwaage der Gottheit Osiris hantierte, hat das mit der Bleiwaage der Freimaurer so viel zu tun wie der Archäopterix mit einem Wellensittich. Erlebt ein Mann das freimaurerische Initiationsritual und wird er mit Symbolen konfrontiert, sei das Ergebnis eine "psychische Gleichformung", meinen die Logenbrüder. Ich glaube, dass es sich hiermit genau umgekehrt verhält: Das Bedürfnis, bestimmte Gefühlszustände zu erleben, muss schon vorher da sein.

Marcel Mauss schreibt in seiner berühmten Abhandlung über die Magie: "Das magische Urteil ist Gegenstand eines sozialen Einverständnisses, Übersetzung eines sozialen Bedürfnisses, unter dessen Druck eine ganze Reihe von Phänomenen der kollektiven Psychologie ausgelöst wird. Das von allen verspürte Bedürfnis suggeriert den Zweck...Weil die gewünschte Wirkung von allen ermittelt wird, wird das Mittel, das dazu geeignet ist, diese Wirkung hervorzubringen, anerkannt." Zwei Säulen, die menschliche Hand, ein flammender Stern, ein Zirkel oder der Freimaurerbaum Akazie bedeuten an sich nichts. Erst das Schweigen über ihre gruppeninterne Funktion erhebt sie in den Rang des Besonderen.

Das gilt nicht nur für Dinge, sondern auch für den Körper. Bei vielen Völkern, die noch heute als Jäger, Sammler oder Ackerbauern leben, brüsten sich die Mitglieder von Männerbünden damit, dass sie den Frauen in der Beherrschung bestimmter Körperfunktionen überlegen wären. Könnten die Frauen die Vagina öffnen, um Kinder ans Licht der Welt zu bringen, wären sie in der Lage - da sie den Einweihungsritus durchlaufen hätten - willkürlich und auf unbegrenzte Dauer den Anus zu verschließen. Heute sind eher geistige Fähigkeiten gefragt: "Verschwiegenheit stärkt den Charakter und fördert die Persönlichkeit des Mannes" sagt Freimaurer-Großmeister Jürgen Holtorf.

Das kann man auch anders sehen. Wer seine Zunge hütet, dem kann man etwas anvertrauen. Klatschen alle Angehörigen einer bestimmten Gruppe hemmungslos über intime Vorfälle - wer mit wem wo, wie und warum - darf man sich sicher sein, dass nichts von Interesse verborgen bleibt und man irgendwann erfährt, was alle anderen über einen selbst denken. Das bringt Klarheit über die eigene Stellung und gibt soziale Sicherheit. Verschwiegenheit stärkt nicht den Charakter, sondern grenzt nach aussen ab, damit man weiß, wer die Guten und wer die Bösen sind.

Marylin French behauptet, ein geheimgehaltenes männerbündisches Initiationsritual ziele - neben der Imitation bestimmter weiblicher Fähgikeiten daruaf, "dass ein Mann nicht Gefühlen folgt, sondern sein Handeln an vorgegebenen Normen der Männlichkeit orientiert, die in erster Linie Selbstkontrolle fordern und zur Kontrolle über andere führen."

Es gilt als männliche Norm, über Gefühle nicht zu reden. Deshalb sind in den Logen Gespräche über Politik und Religion verboten, weil unter Männern die Affekte gleich überschwappen und das Toleranzgebot ad absurdum geführt würde. Die verströmende Liebe unter Brüdern soll gefördert werden, indem die Lehrlinge schweigen, die Gesellen nur dann reden, wenn sie gefragt werden und die Meister starre Formeln daherbeten.

Das ist die erzieherische Absicht der Freimaurer: "Logen sehen ihr "Angebot" darin, Modelle funktionierender und tätiger Gemeinschaften darzustellen." Welchen Sinn hat aber ein Gesellschaftsmodell, dass Frauen ausschliesst? Hier spielt sicherlich die Männermeinung eine wichtige Rolle, Frauen ließen sich ohnehin nur von ihren Gefühlen leiten, nicht von der vorgeblich kühlen männlichen Ratio, und seien daher zur Selbstkontrolle und zur Herrschaft gar nicht erst in der Lage.

Der Text wurde 1987 verfasst und geringfügig geändert. Er erschien zuerst 1988 in meinem Buch Unter Männern. Das Foto demonstriert das Lehrlingszeichen der Freimaurer.
Fortsetzung folgt.
[Freimaurer 1]In der Kammer der verlorenen Schritte 1
[Freimaurer 2] In der Kammer der verlorenen Schritte 2

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24.07.2003
© BurkS


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