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 Sie wollen Sex? Das ist politisch! Nächstes Thema anzeigen
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burks
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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
Beiträge: 6757
Wohnort: Berlin-Neukoelln

BeitragVerfasst am: 09.07.2003, 23:02 Antworten mit ZitatNach oben

Sie wollen Sex? Ein ehernes Gesetz des kapitalistischen Marktes, das Karl Marx vergaß zu analysieren: Sex sells. Aber warum? Und was hat Sex mit Politik zu tun? Eine alte Frage im linken Milieu, die in den Siebzigern vorschnell und äusserst schlicht beantwortet wurde: das Private sei politisch. Gute Antwort, denn alles ist politisch im strengen Sinn des Wortes. Politik stammt vom griechischen Adjektiv politikos, "den Bürger betreffend". Also ist Sex Politik.

Natürlich ist der Unterschied zwischen Pornografie und Erotik rein willkürlich. Und genau so selbstverständlich dürfen Menschen nackt abgebildet werden. Und ob der unbekleidete Körper mit dem Akt der Fortpflanzung und dem Drumherum assoziativ verbunden wird, entscheidet sich im Kopf der wohlwollenden Betrachterin und des geneigten Betrachters. Als Pornografie gilt im allgemeinen, wenn die primären Geschlechtsteile zu sehen sind. In seriösen Medien heisst das: Penis und Vagina. Jeder normale Mensch redet, wie ihm der Vulgärschnabel gewachsen ist und wie Henry Miller, der große Erotomane der Weltliteratur, es im Wendekreis des Steinbocks formuliert hat (Vorsicht! Menschenverachtende Zitate auf burks.de!): "Und zu meinem großen Erstaunen fühlte ich ihre Hand in meinen Hosenlatz schlüpfen. Sie streichelte mich so wundervoll, daß ich ihr im Nu die Finger nässte. Dann nahm sie meine Hand und brachte sie zwischen ihre Beine. Sie legte sich völlig entspannt zurück und öffnete weit ihre Schenkel. Ich beugte mich hinunter und küsste jedes Haar ihrer Möse; ich streckte die Zunge in ihren Nabel und schleckte ihn aus. Dann lag ich da, den Kopf zwischen ihren Beinen, und schlürfte den aus ihr rinnenden Saft." Man kann nur froh sein, dass es zuerst den Buchdruck und dann die Digitalisierung gab. Sonst hätten unsere Jugendschutzwarte Henry Miller einen adult check verpasst. Wobei zu fragen wäre, ob die Worte oder ein Bild des Cunnilingus wirkungsmächtiger sind und die Phantasie mehr anregen?

Die Schwellkörper des männlichen Teils, wenn es denn zu sehen ist, dürfen also nicht gefüllt sein. Das wäre Pornografie und ziemlich böhse. Die katholische Bischofskonferenz, unsere Jugendschutzwarte und andere HysterikerInnen müssten den sittlich gefährdeten Kindern die Augen zuhalten oder den Monitor mit einem Taliban-Tuch abdecken. Anders gesagt: Wenn der Penis runterhängt, ist das offenbar weniger pornografisch (wie unsere staatsbürgerlich aufklärende Abbildung unten demonstriert) als wenn er eine ebenfalls natürliche, will sagen: fortpflanzungsbereite Haltung einnimmt, wie sie die Evolution bei bestimmten zweckgebundenen Anlässen vorgesehen hat.

Aber warum? Das Publikum dieses familien- und frauenfreundlichen Forums, das sich durch einen eher schlichten Intellekt auszeichnet (die anderen ausgenommen), nimmt das Abbild der Welt für die Welt selbst. Satire muss man in Deutschland immer als solche kennzeichnen, sonst kriegt es keiner mit. Vermutlich hat kaum jemand bemerkt, dass das Weblog Die neuen Girls von Berlin einen ähnlichen Artikel des investigativsten aller Nachrichtenmagazine imitiert. Die hiesigen jungen Damen waren ein bisschen weniger bekleidet, was ich nur zu konsequent finde. Spiegel online ist, nackte Kerle und Weiber betreffend, eher etwas für medien- und metatheoretische Warmduscher.

Welche Botschaft der Körper übermittelt, ist kulturell a priori festgelegt. Der Körper ist in jeder Gesellschaft immer politisch, ein Code, der soziales Verhalten als Chiffre darstellt. Der Busen ist wie eine Glatze. Was ist daran so interessant? (Vgl. die Zugriffszahlen dieses Weblogs.) Spannend ist etwas, wenn es mehrdeutig erscheint. Redundanz ist kitschig und deshalb langweilig. Mary Douglas, eine englische Ethnologin, deren Bücher allesamt zu empfehlen und die ein Genuss zu lesen sind, behauptet, dass es keine natürlichen Symbole gebe. Auch der bloße Körper ist nie natürlich, ebensowenig gibt es eine natürliche Körperhaltung. Fleisch ist wie bei der Werbung für Beton: Es kommt daran an, was man (oder frau) draus macht. Ein nackter Hintern kann erotisierend wirken, muss aber nicht (vgl. die pädagogisch wertvollen Abbildungen oben).

Das voll Hysterie-taugliche Thema Kinderpornografie kann schnell abgehakt werden: sexuelle Handlungen mit Kindern sind nie freiwillig, gelten also zu recht und immer als sexuelle Gewalt. Aber auch das ist nicht natürlich, weil die Kindheit, also ein klar vom "erwachsen" sein abgegrenztes Alter, erst in der Neuzeit erfunden wurde. Wer sich informieren will, lese das Standardwerk Philippe Aries: Die Geschichte der Kindheit.

Der Diskurs um Sex und Politik ist in Wahrheit ein kryptischer sozialer Code. Wie sich am Beispiel Michael Friedman zeigt, wollen die, die über Moral reden, vermeiden, dass Politik ins Spiel kommt. Statt über die Machtfrage zu streiten, reden die alten und neuen Mittelschichten über Verhalten - und das ist bekanntlich irrelevant, wenn es um "Wer wen?" geht. Die Herrschenden brauchen keine Moral, sie machen sie. Die Beherrschten interessiert Moral nicht, sie wollen fressen, saufen und ein bisschen ficken. Wer Moral braucht, sind die dazwischen: Sie verlangen, dass sich alle an Regeln und Normen halten, sich beherrschen, weil das ihnen den sozialen Aufsteig ermöglicht hat. Sie müssen sich und andere erziehen und sich bilden, weil sie denken, das garantierte ihnen den erreichten sozialen Status auf Dauer. Nur sozialer Aufsteiger alias: potentielle Looser reden über Moral.

Bildchen nackter Frauen und Männer verkaufen sich gut, weil der Körper verspricht, die sozialen Grenzen aufzuheben. Im Bett sind alle gleich: eine Frau kann sich nach oben vögeln, und ein Mann kann sich die Illusion der Jugend kaufen. Die Welt wäre bestimmt besser, wenn es hier mehr Gleichberechtigung gäbe. Geschenkt: besser nicht, aber ehrlicher. Und da man zu Kindern nicht ehrlich genug sein kann: Schafft den Jugend"schutz" ab, die Abbildung der Realität betreffend!

10.07.2003
© BurkS

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