Die CIA hat die Agentenkartei der Stasi an die Deutschen zurückgegeben. Die Berliner Zeitung berichtet am 7. Juli, rund 50000 Deutschen drohe die Enttarnung als Spitzel des Ministeriums für Staatssicherheit. Die Kartei mit dem Logo Rosenholz enthält die Namen der rund 50 000 Deutschen, die seit den fünfziger Jahren für die Stasi-Hauptverwaltung A (HVA) gearbeitet haben. Die war für die Auslandsspionage zuständig. Aber warum ist das wichtig?

Schon im Juli 2000 informierte die Bundesregierung den Innenausschuss, dass die wieder beschafften Stasi-Akten der Aktion Rosenholz strafrechtlich irrelevant sein würden. Mit Ausnahme des Vorwurfes des Landesverrats sind alle anderen Taten verjährt. Tatsache ist, dass die Akten schon vor drei Jahren zurückgegeben wurden. Was jetzt darüber geschrieben wird, von Spiegel online im Gleichklang mit Focus online, dass eine Enttarnung "drohe", ist nicht richtig, sondern wieder mal heisse Luft. Die CIA und die Dauerskandalbehörde Verfassungsschutz wissen schon längst, wer in den Akten verzeichnet ist - ein gutes Mittel, um die Betreffenden erpressbar zu machen. Warum sollte man jemanden mit Hilfe der Medien also an die Öffentlichkeit zerren?

Die FAZ erschien schon am 8. August 2001 mit der identischen Schlagzeile "CIA gibt weiteren Teil der Agentenkartei zurück". Man könnte meinen, die Berichte, ventiliert durch Marianne Birthler (exakter Titel, typisch deutsch: "Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik"), seien nur dazu da gewesen, den am selben Tag gezeigten ARD-Tatort Rosenholz zu pushen. Der widmete sich genau diesem Thema.

"Unter ungeklärten Umständen" sei die Kartei in die Hände der CIA gelangt. Harr harr. Was damals geschah, ist doch bekannt: "Ein kleinerer Trupp, wohl weniger Ost-Bürgerrechtler als West-Agenten, drang von dort aus in das Gebäude der Spionageabwehr ein und brach gezielt die Stahlschränke auf. Ein Mitarbeiter der MfS-Spionageabwehr war Ende 1989 übergelaufen und hatte den BND instruiert." Die Datenschleuder zitierte im März 1992 Ingrid Köppe (Bündnis 90/Die Grünen): "Nach langer Verzögerung der Antwort leugnet die Bundesregierung nun weitgehendst die skandalösen Vorgänge, die mir während meiner USA-Reise unmißverständlich berichtet wurden: [...] daß die CIA derzeit mit tatkräftiger Unterstützung bundesdeutscher Dienste ehemalige Stasi-Offiziere unter Vertrag nimmt."

Wer im WWW nach "Sturm Normannenstraße" sucht, findet zahlreiche Schilderungen: das Ereignis ist ein Lehrstück darüber, wie naiv die Deutschen seit jeher bei Revolutionen waren und sind. Es geht immer nur um Symbolik, nie um die Macht. Vierzig Jahre "Sozialismus" haben die Bürgerinnen und Bürger nicht lehren können, dass man der Obrigkeit immer misstrauen muss und dass ein Volk in der Lage sein muss, sich gegen die Herrschenden wehren zu können. Leider findet man in Deutschland kein Medium, das das Thema Stasi-Listen zum Anlass nimmt, die Informationen, die es im Internet gibt, zusammenzufassen und kritisch zu würdigen.

Dass es bei diesem Thema nicht wirklich darum geht, irgendjemanden über irgendetwas aufzuklären, zeigt das Gezerre über die "Datenbank mit der Gehalts- bzw. Überbrückungsgeld-Liste von 97.058 Hauptamtlichen Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der ehemaligen DDR". (vgl. auch Frieder Weiße: "Datenschutz auf Abwegen"). Die Liste und andere Informationen gibt es - dem Internet sei Dank! - immer noch, zum Beispiel hier. Oder man sucht einfach nach ma_stasi.zip. Natürlich ist sie auch bei den üblichen Verdächtigen zu haben. Bei Tripod gibt es noch mehr Listen, u.a. die Offiziere im besonderen Einsatz (OibE).

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08.07.2003
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