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burks
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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
Beiträge: 6757
Wohnort: Berlin-Neukoelln

BeitragVerfasst am: 26.06.2003, 23:12 Antworten mit ZitatNach oben

Die Medien stecken in einer Krise. So sagt man. Wahr ist das nicht. Die Medien-Macher haben nur die Zukunft verschlafen. Und die Zukunft ist das Internet. Die Medien-Macher: das sind alte Männer, die ihre E-Mail weder selbst schreiben noch verschlüsseln, die Geld genug haben, in Osteuropa ganze Medienkonzerne zu kaufen, aber hier jammern, das Anzeigenvolumen ginge zurück - und deshalb müsste man Tausende von JournalistInnen auf die Straße setzen. Geld ist da - das beweist die alte Tante Stern. Die hat flugs eine ganz neue Zeitschrift auf den Markt geworfen - NEON ([url]neon.stern.de/neon[/url]).

Das nennt man Diversifizierung: Die Illustrierte könnte ihre Artikel auch so umschreiben, dass sie für Leute unter zwanzig lesbar und attraktiv wären. Aber dann würden die Stammleser, die vermutlich (Marktanalyse, ick hör dir trapsen) zu alt sind, abspringen, weil sie nur noch Bahnhof verstehen bei neudeutschen Worten, die alte Stern-Macher für hip halten: community zum Beispiel. Bei den Fotos jedoch müssen wieder die Profis ran. Offenbar gibt es beim Stern keine FotografInnen unter dreissig, die abkömmlich waren. Natürlich liegt auch Neon im aktuellen ökonomischen Mainstream des Kapitalismus: Nur sehr wenige fest angestellte RedakteurInnen. Man bedient sich lieber der industriellen Reservearmee 1 der Freelancer (vgl. das Impressum).

Die neue Zeitschrift Neon wurde von den ehemaligen MacherInnen der Jugendbeilage der "Süddeutschen Zeitung" entwickelt: Timm Klotzek, Michael Ebert und Mirko Borsche. Das Supplement hieß Jetzt und wurde eingestellt. (Übrigens, liebe Financial Times: Wer den grauenhaften Satz verbrochen hat, der bei euch zum Thema auf der Website steht und der mit dem Verb anfängt, sollte in das nächste Frankfurter Stadtgewässer geworfen werden, mit einem Gewicht an den Füssen. Und übrigens, liebe Süddeutsche Zeitung: warum verschweigt die Website der Jetzt, dass es dieselbe gar nicht mehr gibt?)

Das Motto von Neon: "Wir glauben: Frauen und Männer von zwanzig bis dreißig brauchen nicht nur Männer- oder Frauenmagazine, sondern auch eine Zeitschrift, die beide Geschlechter vereint." Will sagen: Neon ist weder eine Zeitschrift für junge Frauen (Astrologie, Esoterik, Küche, Kinder, Kleider) noch für Schwule und Lesben. Texte für 25jährige also, Sex und Drogen und Politik. Was zu beweisen war. (Sie sehen, ich schreibe heute für junge wohlwollende Leserinnen und geneigte Leser, die kein Latein können, weil die Jugend von heute so schrecklich ungebildet ist...) "Terror in Deutschland - welche Gefahren drohen? Und sind wir darauf vorbereitet? " Sowie: "Hintergrund-Pornos - wie HipHop-Videos das Frauenbild und die Sexualität verändern " Sowie: "Soundtrack des Lebens - Drogenberatung." Das Konzept der Zeitschrift Neon ähnelt also verblüffend dem von Burks' Weblog.

Mit einem Unterschied: wie man vom Stern gewohnt ist, hat er mit dem neuen Medium Internet seine Probleme. Er fordert Zensur, und er engagiert sich für zweifelhafte Projekte, die online symbolisch die guten Symbole in die Höhe halten und mehr nicht. Wie Berufsnörgler wie ich schon ahnten, spioniert auch Neon die Surfer aus - mit Cookies. Warum? Das steht in der G+J-Privacy Policy: "Wir verwenden Ihre personenbezogenen Informationen im Falle von Produktbestellungen nur innerhalb der Gruner+Jahr AG & Co und mit ihr nach Aktiengesetz verbundenen Unternehmen." Und im schönsten Werbefuzzy-Neusprech: "Zum anderen möchten wir unseren Anzeigenkunden ermöglichen, die richtige Zielgruppe möglichst zielgenau zu erreichen. Indem Sie uns einige Informationen über sich mitteilen, können wir Ihnen im Gegenzug individuellere Inhalte sowohl in redaktioneller als auch werblicher Hinsicht bieten, und damit den persönlichen Nutzwert innerhalb unserer Online-Angebote für Sie erhöhen."

Geschenkt: die ausspionierten Daten können nicht so einfach personalisiert werden. Aber ich würde zu gern wissen, ob der Satz ernst gemeint ist: "Darüber hinaus ist es uns wichtig, dass Sie jederzeit wissen, wann wir welche Daten speichern und wie wir sie verwenden." Wie verwenden Sie denn meine IP-Adresse? Wir wissen doch alle: die Überwachung von Nutzergewohnheiten bringt unglaubliche Vorteile. Man muss die Surfer rechtzeitig dazu erziehen, dass man sich um die Privatsphäre nicht kümmern sollte. Gerade wenn sie jung, unerfahren und unter dreißig sind und irrig meinen, das mit dem Internet hätten sie schon im Griff. Man muss die jungen Surfer dazu erziehen, ihr Surf-Schicksal vertrauensvoll in die Hände der großen Konzerne zu legen, denen der Schutz der Privatsphäre von höchster Bedeutung ist. Ihr könnt mich mal. Ich glaube kein Wort. Liebe KollegInnen von Neon: Schaltet die Cookies aus und tretet in den DJV ein - wg. industrieller Reservearmee und so weiter.

1) Für alle unter dreißig: Industrielle Reservearmee ist ein Begriff aus Das Kapital, dem Hauptwerk des deutschen Philosophen Karl Marx. Er erklärt, warum die Eigentümer der Medien fest angestellte JournalistInnen auf die Strasse setzen und stattdessen Freie ohne Verträge arbeiten lassen: "Die sogenannte industrielle Reservearmee, die aus unbeschäftigten Arbeiter/innen besteht, übt also durch ihren aktiven Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt objektiv einen dauernden Druck auf das Lohnniveau der Beschäftigten aus. So ist die industrielle Reservearmee ein notwendiger und unverzichtbarer Bestandteil der kapitalistischen Produktionsweise, ohne den diese nicht bestehen und sich nicht entwickeln kann."

27.06.2003
© BurkS

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