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 Die Gutmenschen und die Liebesmädchen Nächstes Thema anzeigen
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burks
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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
Beiträge: 6757
Wohnort: Berlin-Neukoelln

BeitragVerfasst am: 19.06.2003, 23:19 Antworten mit ZitatNach oben

Beim Schreiben gilt die Heilige Dreieinigkeit: Entweder man hüpft über die Stöckchen, die anderen hoch halten - heute: Sudentendeutsche, Seehofer, Sex-Affäre. Nein: nicht Friedman, sondern die in Frankreich: dort geht es nicht so harmlos zur Sache wie bei uns. Statt ein bisschen Koks und wenig Nutten Sado-Parties mit Staatsanwalt, Killern und Korruption bei der Sittenpolizei. Oder man schreibt gnadenlos über das, was nur einen selbst interessiert: Parzival im Original, das Einstein-Bose-Kondensat, oder die Ikonografie der rebellischen Attitude und die ethnische Mimikry in Matrix reloaded. Oder man ist anders als all die anderen. Versuchen wir's.

Fall eins - der Mainstream - ist langweilig. Sie, geneigte Leserin und wohlwollender Leser, würde lieber zum Original greifen, etwa zum Döbelner Anzeiger oder zum Holsteinischen Courier. Fall zwei - der wenig altruistische Egotrip - verscheucht das Publikum. Das kann in diesem kleinen Familienforum zwar piepschnurzegal sein, aber in Wahrheit möchte ich natürlich von Ihnen allen geliebt und bewundert werden. Kommen wir also zu Fall drei: Sie wollen, wenn man den Zugriffszahlen glauben will, sex, drugs and politics. Also doch Friedman. Dieses Mal wollen wir daher gemeinsam auf einen Artikel der alten Tante Stern einprügeln - es wäre nicht das erste Mal.

Warum? Weil der Kollege Tilman Gerwien meine soziale peer group beleidigt. Was muss ich dort tränenden Auges lesen? "Noch verheerender ist der Verdacht, Friedman habe sich von Menschenhändlern eingeschleuste Liebesmädchen aus Osteuropa aufs Hotelzimmer bestellt - im Mitte-links-Milieu der Gutmenschen, in dem er sich bevorzugt bewegt, ist das eine Todsünde. Falls sich die Vorwürfe erhärteten, dann hätte Friedman sich unmöglich gemacht - und erpressbar." Ach ja? Nur mal ein moralisches update: Ich bin nicht links, sondern erzlinks, gut und moralisch anspruchsvoll sowieso. Aber ich habe nichts gegen Nutten auf Hotelzimmern. Ich würde bezahlte Liebe auch keine Todsünde nennen, noch nicht einmal eine Sünde. Was soll der Quatsch also? Ob der Stern irrig von sich auf andere schliesst?

Felicitas Weigmann vom Café Pssst sagt in einem Interview auf die Frage, warum Männer Sex kaufen: aus Erlebnishunger, es sei "einfacher als lange zu reden und sich in langwierigen Flirts zu verausgaben." Sehr wahr. Und: "sehr häufig kommen Männer zu uns, die extrem einsam sind... Solche Kunden suchen neben dem Sex vor allem Gesellschaft, ein Gespräch oder Streicheleinheiten." Über Prostitution: "Ich würde auch eine Frau, die sich einen reichen Liebhaber hält, um versorgt zu sein und ihren Lebensstandard zu halten oder zu verbessern, als Gelegenheitsprostituierte bezeichnen." Noch wahrer, wenn es denn einen Komparativ dieses Wortes gäbe.

Die Illustrierte schreibt über Michel Friedman: "Es ist wenig Leichtigkeit in diesem Leben, das es nur gibt, weil seine polnischen Eltern zu den wenigen gehörten, die der deutsche Unternehmer Oskar Schindler vor den Gaskammern rettete. Nur seine Eltern und eine Großmutter überlebten den Holocaust. Er fühle sich wie "auf einem Friedhof geboren", hat er mal gesagt. "Alle anderen Kinder hatten Familie. Onkel, Tanten, Cousins, Cousinen. Wir hatten das nicht." Er war viel allein."

Und was sagt uns das? Dass die moralinsaure Heuchelei des Stern widerlich ist. Noch einmal: ich finde diese Attitude zum schwallartig Erbrechen. Die Mutter aller Tagebücher macht sich zur öffentlichen Helfershelferin des Berliner Oberstaatsanwalts Hansjürgen Karge. Nicht Friedman hat sich unmöglich gemacht, sondern diejenigen, die im 21. Jahrhundert käufliche Liebe so präsentieren, als seien die katholische Bischofskonferenz und Alice Schwarzer für die Eckwerte der sexuellen Praktiken deutscher Männer zuständig. Das ist nicht so - zum Glück. Und die Gutmenschen sind weitaus liberaler als Illustrierte, die weltanschaulich noch in den siebziger Jahren kleben geblieben sind. Karges Absetzung, so zitiert die Junge Welt den Ex-Justizsenator Wolfgang Wieland im August 2002, sei "seit geraumer Zeit überfällig". Quod erat demonstrandum. Und auch den Stern sollte man mindestens ein halbes Jahr absetzen.

20.06.2003
© BurkS

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