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 Gastkolumne Stefan Heym: Fünf Tage im Juni Nächstes Thema anzeigen
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burks
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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
Beiträge: 6757
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BeitragVerfasst am: 15.06.2003, 23:31 Antworten mit ZitatNach oben

Stefan Heym: Nachruf

"Sicher ist, daß es an der Spitze der Partei eine Gruppierung gab, die Ulbricht zu stürzen gedachte, Herrnstadt, Chefredakteur des Neuen Deutschland, gehörte ihr an und der Minister für Staatssicherheit Zaisser, der in Spanien als General Gomez kommandierte; sicher ist auch, daß weder die eine noch die andere Fraktion im zentralen Apparat über die wahre Stimmung in den Betrieben genügend informiert war; aber wer nun am 16. Juni die eiskalte Mitteilung an die Arbeiter, die Normen würden trotz alledem erhöht, in die Presse lancierte und dadurch das ganze Unheil auslöste, dieses wußte auch Havemann nicht zu sagen. Der Modus der Veröffentlichung, nämlich in der Gewerkschaftszeitung Tribüne und nicht in dem Parteiorgan Neues Deutschland, das Ulbricht zu der Zeit schon nicht mehr in seiner Hand hatte, weist auf ihn hin; er mag sich gedacht haben, lieber ein Tag des Schreckens als der Verlust der Macht: denn daß die Russen im Fall größerer Unruhen gezwungen sein würden und die Regierung und damit auch ihn zu halten, lag in der Logik der Dinge, und Ulbricht war ein sehr logischer Denker.[...]

Sprüche deutscher Arbeiter in der DDR:

Zitat:
Es ist uns völlig gleichgültig, wer uns bezahlt, und ob es australisches, amerikanisches oder sowjetisches Geld ist, solange es nur viel Geld ist.
Zitat:
Mir ist jede Regierung recht, wenn ich genug essen und trinken kann. Ich lebe jetzt, alles, was später kommt, das interressiert mich nicht so sehr.
Zitat:
Wie können sie den Kollegen zu fünfzehn Jahren verurteile, wo er doch nur gesagt hat, was wir alle denken.
Zitat:
Aber sicher war ich Feldwebel in einer Panzerbrigdade, und bei Charkow dabei und bei Witebsk.
Man glaubt, die Ahnen des Genossen Gorbatschow reden zu hören, liest man heute, drei Jahrzehnte und mehr nach jedem Spätsommer, die Worte, mit denen die sowjetischen Delegierten ihre in die Irre gegangenen deutschen Klassenbrüder zu beraten, zu ermahnen, zu überzeugen, und mitunter auch zu trösten suchten. Normen, predigen sie, dürften erst dann erhöht werden, wenn die technischen Voraussetzungen dafür vorhanden sind und alle in Betracht kommenden Kollegen die Veränderung verstanden hätten.[...] Und wenn ein Gewerkschaftsfunktionär, bestätigen sie, der die Interessen der Arbeiter vertreten sollte, sich nicht um ihre Interessen kümmere, oder wenn in den Versammlungen die Kritik der Arbeiter nicht berücksichtigt werde, dann könnten die auch nicht an die Gewerkschaft glauben. Und die Partei vor allem, sagen sie, die Partei müsse offen und ehrlich mit den Arbeitern reden und ihnen klarmachen, durch die Tat, nicht nur durch Worte, daß sie für die Arbeiter da ist; Partei- und Gewerkschaftsleitungen dürfen nicht jede Kritik als maskierte Feindpropaganda betrachten; die deutschen Arbeiter, noch von der Nazi-Zeit her gewöhnt, daß jede kritische Äußerung zu Entlassung und Schlimmeren führen könne, müßten endlich das Gefühl bekommen, daß ihre Kritik nicht nur gehört, sondern sogar geschätzt werde und Ergebnisse bringe; vor allem aber müsse ein Arbeiter Antwort erhalten auf seine Fragen: werde das versäumt, so bleibe er sich selbst überlassen und werde sich mißachtet fühlen und sich verschließen, und ein Mensch, der gebraucht wird, geht verloren.

Unter den Deutschen, die sich das anhörten, war nicht einer, der zurückfragte, ob solche lobenswerten Grundsätze denn überall in der Sowjetunion befolgt würden, oder ob da nicht vielleicht auch andere, härtere Mittel gelegentlich zur Anwendung kämen..., und diskret verschwiegen sie, was sie selber bei ihrem Einfall in die Sowjetunion an Lebens- und Arbeitsbedingungen dort gesehen hatten

...die Zukunft des Sozialismus im östlichen Drittel Deutschlands hängt in nicht unwesentlichem Maße von dem Bild ab, das sich die Menschen hier von dem großen Freund im Osten machen. Und dieses Bild ist entstellt durch das Messer, das der Dr. Goebbels den sowjetischen Genossen zwischen die Zähne geklemmt hat, und durch den großen Treck, nur weg von den rächenden Horden, und durch die Vergewaltigungen und den Ruf "Uhri, Uhri!", und nun auch noch durch die Panzer auf der Straße Unter den Linden, die den bankrotten Funktionären zu Hilfe kamen."

Zitat aus: Stefan Heyms Autobiografie "Nachruf"
Sehr empfehlenswert zum Thema auch Stefan Heyms Roman: "Fünf Tage im Juni"

Über Stefan Heym:
CNN
Deutsches Historisches Museum

Links:
www.17juni.de
www.bstu.de/ddr/juni_1953_neu/


16.06.2003
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