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burks
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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
Beiträge: 6757
Wohnort: Berlin-Neukoelln

BeitragVerfasst am: 04.05.2003, 03:08 Antworten mit ZitatNach oben

Zuerst das Gute, Schöne und Wahre: Die Illustrierte mit den besagten Tagebüchern, die keine waren, fördert das Gute, Schöne und Wahre. In diesem Fall eine Website, deren Anblick, so die unausgesprochene Medientheorie, Gefühle erzeugen soll. "Mut-gegen-rechte-gewalt.de" heisst die virtuelle Lichterkette. Mir als Berufsnörgler wären hippere Domain-Namen eingefallen: fight-racism.mil oder - wenn schon mit kommerziellen Logos: gefuehle-gegen-das-boese.com. Vielleicht auch fuck-the-evil.info. Denn nur darum geht es anscheinend. Wobei das Thema radikal verfehlt wäre.

Wir lassen ausser acht, dass die Bundesfamilienministerin auf der hoch gehängten Pressekonferenz alias product placement diverser Beteiligter wieder von "Jugendlichen" sprach, um die es vorgeblich gehe. Wir vergessen auch, dass Herbert Heitmann, Leiter Unternehmenskommunikation des Konzerns SAP (der das Gute mit Geld fördert), den Ausländer-Diskurs führte, als hätte er mein Buch Nazis sind Pop nie gelesen. Vermutlich hätte er am liebsten, da er es ehrlich gut meint, in die Menge gerufen: Man muss aber doch tolerant zu den lieben ausländischen und jüdischen Menschen und MitbürgerInnen sein!" Und nur wenige im Saal wären zusammengezuckt.

Geschenkt. Ich habe mich im Rahmen meiner Möglichkeiten seriös geäussert.1 Und hier darf ich ja sagen, was ich wirklich denke. Andreas Petzold, Chefredakteur des Stern, bewies sofort, dass er ein Profi ist. Gleich zu Beginn der Pressekonferenz reflektierte er das Problem, dass Medien kritisch berichten sollten, daher ein "Engagement", womöglich mit Geld, als unzulässige Nähe interpretiert werden könnte. Wohl wahr. Der 1995 verstorbene Fernseh-Journalist Hanns Joachim Friedrichs hat unserem Berufsstand einen Merksatz hinterlassen:

Zitat:
Distanz halten, sich nicht gemein machen mit einer Sache, auch nicht mit einer guten, nicht in öffentlicher Betroffenheit versinken.
Und genau daran hält sich der Stern partout nicht. Er versinkt in Betroffenheit. Der Domain-Namen sagt schon genug darüber aus, dass es sich nicht um ein politisches Projekt gegen Rassismus und Antisemitismus handelt, sondern um pure Symbolik und Emotionen und sonst nichts. Wenn alle Deutschen mutig wären, hätten wir immer noch einen völkischen Diskurs, die Nation betreffend, und eine rassistisch motivierte Abschiebepraxis. Ich darf auf meiner eigenen Website völlig unseriös und rein emotional formulieren: der Appell, bitte gute Gefühle zu haben, ist der letzte Quatsch und eines Pfarrers auf der Kanzel würdig, aber nicht eines Journalisten.

Und deshalb wäre es gut, der Stern würde sich aus den Projekten, die er finanziell fördert, sofort zurückziehen und sich seiner eigentlichen Aufgabe widmen. Ich werfe dem Stern hier daher öffentlich vor, nicht mehr kritisch über das Thema "Aussteigerprogramme" berichten und nicht mehr investigativ recherchieren zu können, den "Konzern" betreffend, der sich um das Konglomerat Regionale Arbeitsstelle für Ausländerfragen et al in Berlin rankt, weil er sich und damit selbst in die Pfanne hauen würde. Der Flurschaden wäre einfach zu groß, wenn man entdeckte, dass - wir reden im Konjunktiv - heisse Luft produziert und gefördert worden wäre.

Journalisten sollten sich überhaupt nicht "engagieren". Sie sollten auch nicht gut meinen. Sie sollten berichten, analysieren, fragen, ob das gut Gemeinte wirklich gut ist und die Guten auch platt- und niedermachen, wenn es denn angebracht ist - ohne Rücksicht auf politische Folgen. Ist es denn für die hochqualifizierte Reporterschar des Stern so schwierig herauszufinden, ob es sinnvoll ist, Programme "gegen rechts" völlig ohne Kontrolle und Supervision vor sich hinwurschteln zu lassen? Der Stern ist beim Thema "Rechtsextremismus" embedded, deshalb kann ich ihn bei der Frage, wie Rassismus und Antisemitismus zu bekämpfen seien, nicht ernst nehmen. Um es in einem Satz in den Saal zu brüllen: Eine Zeitung ist keine Werbeagentur für das Gute!!!

Am 27.04. versandte ich zum Beispiel eine - leider unfreiwillig unverschlüsselte - elektronische Postkarte (der Stern schickt vermutlich Kopien seines Postverkehrs an den Verfassungschutz, weil er ja nichts zu verbergen hat) an mut@stern.de. Auszüge:
Zitat:
Ist Ihnen bekannt, dass im letzten Jahr drei hochqualifizierte Mitarbeiter von Exit gekündigt worden sind? Und dass zwei Kündigungen wieder rückgängig gemacht wurden, weil die Mitarbeiter zum Arbeitsgericht gegangen sind bzw. das angedroht haben?[...]

Unterstützt der STERN netzgegenrechts.de? Die Pressestelle des STERN versicherte mir vor einigen Wochen, man werde gegen die missbräuchliche Verwendung des STERN-Logos dort vorgehen. Warum ist das nicht geschehen?[...]

Ist dem STERN bekannt, dass der Ex-Neonazi Stefan Michael Bar ohne seine Zustimmung in ein Bulletin von "Exit" aufgenommen wurde, um den Anschein zu erwecken, "Exit" hätte etwas mit seinem Ausstieg zu tun?
Keine Antwort bis jetzt. Ich kann mich komplett irren. Informanten könnten lügen wie gedruckt. Eine Frage ist keine Tatsache. Aber ich gehe jede Wette ein, dass der Stern von den zum Teil unappetitlich erscheinenden Interna der Projekte, die er mit Geld überschüttet, nicht die geringste Ahnung hat. Und wenn er Ahnung hat, sagt er es nicht.

Die Frage ist natürlich auch: warum muss der Stern überhaupt das Rad neu erfinden? Es gibt zum Thema Antisemitismus das Portal haGalil (www.hagalil.com). Zum Thema Rechtsextremismus bietet Margret Chatwin ihren "Informationsdienst" (www.idgr.de) an, der an Inhalt und Qualität kaum zu übertreffen ist. Und meine Linksammlung ist ja auch noch da, widmet sich aber einem etwas anderen Thema. Ich bekam gestern zum Beispiel diese Mail:
Zitat:
ich hab mich gestern mit xxxl getroffen, der schon von einer anderen journalisten von der "mut-gegen-..."-pk erzählt bekommen hatte. die dame meinte, wenn du nicht endlich die naheliegenden fragen gestellt hättest, hätte sie das gemacht, du wärest ihr sozusagen knapp zuvorgekommen.
Es ist nicht so, wie argumentiert wurde, dass, je mehr gut gemeinte Botschaften online verfügbar sind, sich um so mehr gute Gefühle bei den Rezipienten einstellten. Ganz im Gegenteil. Man kann die immer wiederkehrenden Textbausteine2 und das Gefasel einfach nicht mehr hören.

Nur die Titanic würde es wagen, diejenigen, die immerdar ihr Gesicht zeigen auf der Gefühlsplattform gegen rechts oder die lobend erwähnt werden wie: Udo Lindenberg, Peter Maffay, Nena, Ingo Appelt, Xavier Naidoo, Söhne Mannheims, als Arschgesichter zu titulieren - die das Gesicht auch für alles andere, was der Werbung für die eigene Person dient, vor die Kamera halten würden. Das wäre natürlich Satire und passte nicht in unser kleines Familienforum. Hier ist alles ganz ernst und gut gemeint. Und jetzt brauche ich, um mich zu erholen, erst mal eine Portion Al-Jazeera-TV. Und anschliessend werde ich überlegen, welches Medium in Deutschland sich wohl traute, sich mit dem Stern anzulegen und meine Kolumne abzudrucken. Vielleicht sollte ich sie ins Arabische übersetzen lassen.

1) [url]archiv.tagesspiegel.de/archiv/30.04.2003/547335.asp[/url]
2) www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID1768192_TYP_THE_NAV_REF1,00.html

04.05.2003
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