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 [Freimaurer 9] Die Herren der Tafelrunde Nächstes Thema anzeigen
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burks
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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
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BeitragVerfasst am: 14.08.2003, 23:19 Antworten mit ZitatNach oben

[Die Söhne der Witwe 9] Die Herren der Tafelrunde

"Kein Bruder soll gezwungen werden, mehr zu trinken,
als er vertragen kann, bei Strafe von zwei Mark."
(Aus den Stiftungsgesetzen der Hamburger Loge
Absalom zu den drei Nesseln, 18. Jahrhundert)

Meine Brüder und ich müssen die männliche Wiedergeburt erst einmal verdauen. Zu diesem Zweck folgt der Aufnahme eine Tafelloge. Die ist nicht nur den bürgerlichen Tischsitten, sondern zusätzlichen Regeln unterworfen. Unter Männern, die viel vertragen, aber feierlich versammelt sind, sollte auch beim Trinken die Ordnung im Saal einigermaßen gewahrt bleiben. Wir sitzen um einen hufeisenförmigen Tisch. Die beiden Aufseher haben sich am Kopfende der beiden Kolonnen postiert. Auf Geheiss des Meisters fordern sie die anwesenden Herren auf, zu laden und zu richten, das heisst, die Gläser zu füllen. die Trinkgefäße, jedes mit freimaurerischer Symbolik verziert, nennen sie Kanonen. Damit der alkoholische Genuss nicht zu profan bleibt, toasten wir auf das, was uns lieb ist oder gerade fehlt: die Großloge, das Vaterland (verbunden mit dem Absingen des Deutschlandliedes) und die Frauen.

Deren Emanzipation klopft zaghaft an die Tempeltür des Männerbundes. Natürlich wurde das Verhältnis zum weiblichen Geschlecht von den historischen Umständen und der sozialen Schicht geprägt, der die Mehrzahl der Freimaurer angehörte. Heute liegt das Durchschnittsalter um fünfzig, und die Diskussion um die Geschlechterfrage schleppt sich demgemäß mühsam dahin. "Das Festhalten am Männerbund begründet sich nicht mit den Zielen," meint der Logenbruder Jens Oberheide, "sondern vor allem mit der Form, das heisst mit der Tradition und dem Brauchtum." Der Mann könne sich geistig stärker mit den symbolisch vom Bau übernommenen Tätigkeiten identifizieren.

Das war schon in der Vergangenheit nicht unumstritten. In Frankreich, wo es unverkrampfter zuging, gründeten Damen und Herren des Adels im 18. Jahrhundert gemischte Logen mit phantasievollen Namen wie Orden der Ritter und Nymphen von der Rose oder Gesellschaft der Genossen der Penelope. Die Bauhütten wurden angemessen umbenannt, zum Beispiel in Hain oder Lustwäldchen. In Deutschland versammelte Kurfürst Klemens August von Köln Frauen und Männer des Mopsordens um sich, dessen Abbild die Brust der Damen zierte. Der Mops war dumm und galt als Zeichen der Treue. Ein heutiger Freimaurer schreibt pikiert: "...um ihn kreiste das zelebrierte Ritual mit teilweise recht unappetitlichen Nuancen."

Diesen Vereinigungen wurde von den regulären Logen rasch die Lehrbefugnis und die Legitimation entzogen, sah man doch die Gefahren, die allzu grosse Libertinage mit sich brachte. Als bedrohlich empfand 1957 ein Freimaurer, "dass sich innerhalb der auf Freundschaft beruhenden Bruderkette Eros einnistete." Das mochte er fairerweise nicht allen Frauen unterschieben, denn: "Es gibt sehr viele Frauen, die ganz geschlechtslos wirken. Aber von dieser Wirkung kann man nicht die Aufnahme abhängig machen."

Gegenwärtig gilt eine Kompromisslösung: Wenn die Schwestern Frauengruppen, sogenannte Adoptionslogen gründen wollen, die über den Status eines Kaffeekränzchens und der weiblichen Mildtätigkeit hinausgehen, können sie das tun, aber unter sich. In den USA pflegt die Großloge Eastern Star mit sechsstelligen Mitgliederzahlen schwesterliche Verbundenheit, in Frankreich Le droit humain, in Deutschland die Großloge Humanitas.

Ein nachdenklicher Bruder zieht den Schluss: "Wenn ich das Problem konsequent und logisch unerbittlich weiterdenke, bliebe doch nur die überspitzte und schon provokatorisch anmutende Formulierung, dass der totalen Emanzipation der Frau im gesellschaftlichen Leben auch die totale Integration in die Freimaurerei entspräche."

Auch der Neophyt, der frisch Aufgenommene, muss in der Loge, die tafelt, den Mund halten. Wird er angeredet, antwortet der Bürge für ihn. Der Toast ist für mich: Alle erheben sich, vollführen das Lehrlingszeichen, die untergeordneten Chargen wie ich tragen die Serviette um die Hand gewickelt, die Oberen haben sie über die Schulter gelegt. Der Meister kommandiert: Gebt Feuer! und alle leeren ihr Glas. Dann praktizieren die Brüder ein Ritual, das die schlagenden studentischen Verbindungen als salamandern bezeichnen. Das Glas wird im Dreieck vor der Gurgel, wo der Verstand sitzt, bewegt, ein zweites Mal in Höhe des Herzens, zum Schluss vor dem Solarplexus und der Leber, wo man vor Eiinführung des Christentums, das die Gefühle mehr nach oben verlegte, den Sitz der Seele vermutete. Mit einem dreifachen Ruck knallen die Gläser synchron auf den Tisch. Wer sein Gefäß nicht ex geschafft hat, spritzt herum. Der Meister ruft: Auf mich, meine Brüder!, und alle klatschen drei Mal in die Häde. Das ist die Batterie.

Die militärische Tradition ist nicht jedermanns Geschmack und wird auch nicht durch den Zusatz altehrwürdig nicht besser. Die Herren nehmen das in Kauf. Im freimaurerischen Männerbund findet man Freunde, denen man - im Gegensatz zu den Gepflogenheiten des Geschäftslebens - trauen kann, weil sie die kameradschaftliche Loyalität über alles stellen. In England musste Ende des letzten Jahrhunderts sogar eine Loge aufgelöst werden, weil sich höhere Polizeibeamte und Kriminelle von Mann zu Mann brüderlich vereinigt hatten. Die männlichen Rituale scheinen ohnehin besonders Herren zu faszinieren, die in ihrem Beruf für Ordnung sorgen müssen oder es gern so hätten, insbesondere die Diener des Staates. Über 60 Prozent der Polizeibeamten in Großbritannien gehören einer Loge an. Und wo kann ein Mann, der Waffen trägt, sie aber in der Regel nicht benutzen darf, mit altehrwürdigen Schwertern hantieren, wenn nicht im freimaurerischen Tempel? Und ist es nicht beruhigend zu wissen, dass sich Steuerberater, Ingenieure, Professoren und andere Biedermänner in der Bauhütte an die ritterliche Tafelrunde des König Artus träumen, statt realen Kriegsspielen nachzugehen?

Innerhalb der strengen Hierarchie können Männer, die sich sonst irgendwo und irgendwie zu kurz gekommen fühlen, aufsteigen, wenn sie nur rege am Vereinsleben teilnehmen. Das ist in religiösen Gemeinchaften nicht anders. Trotzdem beteiligen sich im Durchschnitt nur ein Drittel der Mitglieder an der Tempelarbeit. Vielleicht würden die Brüder, die nach dem anstrengenden beruflichen Alltag den Vorträgen, Zeichnung genannt - lauschen, weniger Gefahr laufen einzunicken, wenn Frauen anwesend wären. ein älterer Freimaurer meiner Loge sieht aber auch die Folgen: "Wenn unsere Frauen beobachten könnten, was wir hier manchmal veranstalten, fänden sie das lächerlich."

Anmerkung: Wenige Tage nach meiner Initiation zum Freimaurer-Lehrling bin ich wieder aus der Loge ausgetreten.
Die klickbaren Screenshots stammen von www.glff.org/page/unpe/munped.html, der Grande Loge Féminine de France.

[Freimaurer 1] In der Kammer der verlorenen Schritte 1
[Freimaurer 2] In der Kammer der verlorenen Schritte 2
[Freimaurer 3] In der Kammer der verlorenen Schritte 3
[Freimaurer 4] Vor dem Tempeltor
[Freimaurer 5] Geheime Obere und staatsfreundliche Verschwörer 1
[Freimaurer 6] Geheime Obere und staatsfreundliche Verschwörer 2
[Freimaurer 7] Die Reise ins Licht 1
[Freimaurer 8] Die Reise ins Licht 2

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15.08.2003
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