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 Combat18, die taz und das Internet Nächstes Thema anzeigen
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burks
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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
Beiträge: 6757
Wohnort: Berlin-Neukoelln

BeitragVerfasst am: 13.07.2003, 03:14 Antworten mit ZitatNach oben

Der jüdische Friedhof in Neustadt/Holstein wurde geschändet. Die taz berichtete am 11.7. über den Fall: "Neonazis drohen mit weiteren Angriffen." Am 4. Mai wollten Überlebende der Shoah der 7500 KZ-Häftlinge gedenken, die auf dem Schiff Cap Arcoma waren, als es von britischen Bombern versenkt wurde. Der Angriff kostete 7500 Menschen das Leben. Die bisher unbekannten Täter von Neustadt legten ein aufgeschlitztes Schwein vor den Gedenkstein. Auf das Grabmal schmierten sie die Buchstaben C 18 - damit sollte man offenbar Combat 18 verbinden.

Den wohlwollenden Leserinnen und geneigten Lesern dieses Weblogs, die sich vermutlich und zu Recht zur Avantgarde der Infoelite zählen, wird bekannt sein, dass die Portale großer deutscher Print- und anderer Medien mit dem Internet noch immer auf Kriegsfuß stehen. Was online bedeuten könnte, scheint sich dem gewöhnlichen Journalisten - aber auch den so genanten Online-RedakteurInnen - auf Dauer zu verschliessen. Der Mehrwert einer Website gegenüber dem Printprodukt ist: Links, Links, noch mal Links für die medienkompetenten Rezipienten. Wenn dieser Mehrwert fehlt - ich darf es ausnahmweise in volkstümlichen Worten ausdrücken - fühlt man sich verarscht.

Das gilt auch für diesen Artikel der Kollegin Heike Kleffner, und das gleich doppelt oder gar dreifach: Keine Links, obwohl man hier wunderbar staatsbürgerlich aufklären und Bildungslücken nachbessern könnte, insbesondere bei jugendlichem Publikum. Einige Aussagen sind schlicht falsch, und der Artikel demonstriert und ganz offen Hilflosigkeit, das Medium Internet betreffend, sowohl in der Sache als auch in der Form, wie diese online präsentiert wird.

Ich erwarte, wenn etwas in einem Ort mit dem originellen Namen Neustadt geschieht, dass mir per Link verraten wird, um welches der unzähligen deutschen Neustädte es sich handelt. Ich erwarte selbstredend eine Link auf die Quelle, die Website der Neonazis, die sich Combat 18 nennen. Und ich erwarte die journalistische Kompetenz zu wissen, dass führende Mitglieder der verbotenen Organisation Blood & Honour in Deutschland V-Leute des Verfassungsschutzes waren. Wer das verschweigt, ist nicht seriös; wenn ich meine bösen fünf Minuten habe, vermute ich Absicht. Und wer den Verfassungsschutz zum Thema Neonazis unkritisch zitiert, den halte ich auch nicht für seriös. Ich gehöre nämlich weder zu den Gutmeinenden noch zu den Gesichtzeigern, sondern bestehe auf Fakten, verdammt noch mal.

Die aufgeregte Attitude, wie gefährlich Neonazis seien, muss gleich zweifach korrigiert werden: Erstens: es gibt keinen organisierten Neonazi-Terrorismus. Die taz zitiert das Landeskriminalamt Schleswig-Holstein: "Wenn es gefestigte Strukturen gäbe, würden die sofort nach dem Vereingesetz verboten". Harr harr: So doof sind selbst Neonazis nicht, dass sie einen Verein gründen, der den Vereinzweck "Terrorismus" auf seine Fahnen schreibt. Vielleicht, muss man zugunsten des LKA vermuten, war dessen Sprecher in seinem früheren Leben bei der "Keinen Fußbreit den"-Antifa und versteht die Welt nicht, wenn es keine Strukturen gibt, die man entlarven, zerschlagen und verbieten könnte.

Zweitens: ob eine Website, die Bekennerschreiben der rechten Szene veröffentlicht, authentisch ist, muss recherchiert und darf nicht einfach behauptet werden. So etwas fake ich in zehn Minuten. Ein ähnlicher Artikel ist in der Frankfurter Rundschau schon vor drei Jahren erschienen; die neonazistische Website stoertebeker.net hat ihn dokumentiert. Unstrittig: combat18.org wird vom kalifornischen Provider Staminus Communications gehostet, der seinen Sitz in Fullerton südwestlich von Los Angeles hat. [Das, liebe taz, verstünde ich unter dem Service einer "Online-Ausgabe". Oder gibt es etwa bei euch JournalistInnen, die nicht wissen, was eine Whois-Datenbank ist?)] Und gegenüber deutschen Büssow- und andern Zensur-Konsorten erklärt die Firma - und das ist auch gut so: "Staminus Communications respects your privacy and works diligently to preserve the privacy of your personal and confidential data."

Doch wer sagt uns, dass hinter der Website wirklich diejenigen stehen, die den jüdischen Friedhof geschändet haben? Der Satz der taz: "Wer sich hinter den Tätern und deren Code verbirgt, kann nun im Internet nachgelesen werden." ist also schlicht falsch. Und natürlich auch die dahinter schlummernde suggestive Aussage, das Internet sei böhse, und leider könne man gar nichts machen. Falsch ist auch, dass es noch keine Bekennerschreiben online gab. Eine einfache Suche mit der jeweiligen Suchmaschine des Vertrauens beweist das Gegenteil. Schon wieder - mein Ruf bei den KollegInnen ist vermutlich ohnehin ruiniert: ich fühle mich verarscht. Ich darf mich, um kurz zu langweilen, wiederholen: derartige Online-Artikel einer Tageszeitung könnt ihr euch sonstwohin wickeln.

13.07.2003
© BurkS

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