www.burks.de Foren-Übersicht www.burks.de
Burkhard Schr�ders [Burks] Forum - f�r Kosmopoliten und Kaltduscher
burks.de: Forum für Kosmopoliten und Kaltduscher
burksblog.de: ab 01.01.2008 geht es hier weiter!
privacyfoundation.de: German Privacy Foundation
 FAQ  •  Suchen  •  Mitgliederliste  •  Benutzergruppen   •  Registrieren  •  Profil  •  Einloggen, um private Nachrichten zu lesen  •  Login
 Schlaf ich im Campingbus? Nächstes Thema anzeigen
Vorheriges Thema anzeigen
Neues Thema eröffnenNeue Antwort erstellen
Autor Nachricht
burks
Webmaster
Webmaster


Anmeldungsdatum: 07.10.2002
Beiträge: 6757
Wohnort: Berlin-Neukoelln

BeitragVerfasst am: 09.05.2003, 00:11 Antworten mit ZitatNach oben

Ein Gespenst geht um im Internet - das Gespenst des Weblogs. Angeblich fänden die geneigten Surferinnen und die wohlwollenden Surfer so etwas anregend, gut und authentisch. So ganz private Details. Nun gut. Hier also etwas Belangloses. Reiseimpressionen, Deutschland in vier Tagen, kein Buchstabe repräsentativ. Und zum Ausgleich für das gestrige Weblog, in dem eine nackte Frau und der erotische Mund einer solchen in Großaufnahme zu sehen ist: hier fast nur dürre Worte.

Ich liebe Bahn fahren. Wer den Weg als das Ziel erkennt, kann selbst Regionalzügen zwischen Herne und Bottrop Vergnügliches abgewinnen. Nachtzug Berlin-Karlsruhe. Das Vergnügen beginnt am Bahnhof Zoo. Man braucht, wer sich nicht scheut, per Telefon zu buchen, nicht mehr in einer Schlange stehen. Die Bahn hat jetzt Automaten, die, wenn man eine Auftragsnummer eintippt, wie in Las Vegas die Fahrscheine ausspuckt. Die neugierigen Mitreisenden betrachten einen bei einem Dutzend Zettelchen, die das Ding druckt, ein bisschen neidisch und von der Seite. Man kommt sich vor wie jemand mit einem esoterischen Geheimwissen. Und zählt mit zitternden Fingern nach, ob der rote Kasten auch wirklich nichts vergessen hat.

Das erste Bahn-Hochbett mit drei Etagen. Reinhold Messner-Gefühl beim Aufstieg, in der Mitte ein Reise-Profi mit Rucksack und schwarzer Stoffbrille (wegen des Lichts, das er nicht sehen will.) Alles ist ungeheuer zweckmässig. Es macht sogar Spass zu erkunden, welchem Zweck das garantiert Zweckmässige dient. Alle möglichen Klappen, Lichtschalter zum rauf- und runterklappen. Süss. Und ein Schaffner, der einen behandelt wie den Maharadscha von Eschnapur. Fehlt nur noch, dass er "Herr Geheimrat" sagt. Und natürlich ist nächtliches Bahnfahren pure Regression, psychologisch gesehen. Man schaukelt, fühlt sich geborgen, von draußen monotones Geräusch - das klingt schon wie ein Haiku. Ich schlafe immer wunderbar in Schlafwagen.

Karlsruhe: Da wuseln Strassen- und S-Bahnen in der Stadt umher wie auf einer Modelleisenbahn. Wegen des schmalbrüstigen Budgets der Uni Karlsruhe selbst für VIPs wie Gastdozenten bekomme ich von einem eingeborenen Hochschullehrer die Schlüssel für seinen Campingbus, irgendwo im landschaftlich idyllischen Jottwehde. Rauschender Wildbach, die Tannen dräuen grün und hoch, der Abend ist still und weit, die Mücken fliegen flink und umher, der Mond scheint weiß und klar. Wäre alles ganz wunderbar.

Aber ein deutscher Campingplatz mittendrin! Ich habe wochenlang in Hängematten mitten im Dschungel geschlafen, auf schwankenden Seelenverkäufern an der Küste von Honduras, auf 4000 Meter Höhe im Zelt, in alten Inka-Ruinen, in verfallenden Lehmhäusern in der Salzwüste Boliviens und unzählige Male auf der Ladefläche von Lastwagen, angeschnallt, um während der Fahrt nicht hinunterzufallen. Aber noch nie in einem Campingbus auf einem Campingplatz.

Wieso ist es da immer so ordentlich? Die Busse stehen in Reih und Glied, ein Anblick, den der Deutsche gerne sieht. Und wieso sehen einige Busse aus wie Imitate von Häusern? Da gibt es sogar Zäune! Und Straßennamen! Ich könnte jetzt ganz viele Fragen stellen. Aber das würde zu nichts führen. Die Kultur des Campingplatzes wird mir für immer ein Rätsel bleiben und so fremd wie das hinterste Volk im hintersten Papua-Neuguinea. Das ist wie mit dem Weltall: Die Galaxien sind so weit entfernt, dass man einfach nicht hinkommt in einem Leben.

Fazit: Lieber drei Wochen im Nachtzug als eine Nacht auf einem Campingplatz. Der Vergleich ist jedoch unfair. Bei der Bahn gibt es Personal, auf dem Campingplatz nur einen Platzwart. Und bei dem muss ich immer an die Jugendschutzwarte denken. Und vielleicht habe ich deshalb zu unruhig geschlafen und immer in Erwartung eines Alptraums.

09.05.2003
© BurkS

Benutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenE-Mail sendenWebsite dieses Benutzers besuchen
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:      
Neues Thema eröffnenNeue Antwort erstellen


 Gehe zu:   



Nächstes Thema anzeigen
Vorheriges Thema anzeigen
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.


Powered by phpBB © 2001, 2002 phpBB Group :: FI Theme :: Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde