Steinmenschen-Fotosafari: Wie soll man leben?

Von Burkhard Schröder

Kürzlich musste ich wieder nach Berlin, zu meinem Anwalt, um eine Handgranate gegen einen DJV-Funktionär vorzubereiten. Aber das ist eine ganz andere Geschichte. Mit meinem Radl umkreiste ich - wie gewohnt im Affenzahn - den Gendarmenmarkt, der, wie man sagt, als der schönste Platz Berlins gilt. Das ist sicher
strittig. Wenn ich lese: "Gott zu Ehren" und "unter dem Schutze der Hohenzollern", wird mir eher übel. An einen ästhetischen Genuss ist nicht zu denken. Und wenn man umzingelt ist von zwei Verehrungsstätten höherer Wesen, dem französischen und dem deutschen Dom, fühlt der aufgeklärte Mensch sich ohnehin unwohl.

Aber die Figuren interessierten mich. Den Friedrich Schiller hat der Bildhauer gut getroffen. Der Dichter blickt streng und abwesend in die Runde, als wenn er von dem Getümmel zu seinen Füßen nichts hielte. Und auch die Musen scheinen eher desinteressiert und cool zu sein. Eine von ihnen erinnerte mich an den guten alten Walther von der Vogelweide:

Ich saz uf eime steine
und dahte bein mit beine,
dar uf sazt‘ ich den ellenbogen;
ich hete in mine hant gesmogen
daz kinne und ein min wange.
Do dahte ich ömir vil ange,
wes man zer werlte sollte leben.

Gute Frage. Wie soll man in dieser Welt leben? Darüber kann man lange sinnieren. Wenn man genau hinsieht, dann bemerkt man weitere Details, die den Gendarmenmarkt unter einem bestimmten Blickwinkel gut aussehen lassen. Aber das finden die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser vermutlich selbst und medienkompetent heraus.

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BURKS ONLINE 19. Oktober 2005
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