Wird das Merkel Kanzlerin?

Von Burkhard Schröder

Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Noch mal zur Erinnerung ein Zitat Angela Merkels: "Es wird keine Große Koalition geben." Natürlich war das gelogen. Sie soll Kanzlerin einer Großen Koalition werden. Das meldet soeben die Tagesschau. Die Kanzlerschaft beginnt also mit einer Lüge. Und ich habe mich in allen meinen Prognosen geirrt.

Oder doch nicht? Wie geht es jetzt weiter? Wenn die Präsidien der beiden Parteien sich einig sind, müssen sie das Ergebnis verkaufen. Und dann muss die vorgeschlagene Kanzlerin auch gewählt werden. Die Wahl ist geheim. Merkel könnte auch mit einem schmählich knappen Ergebnis "an die Macht" kommen, was sie von Beginn an demontierte.

Wir sollten also nicht vergessen, worauf uns Focus zu Recht hinweist: "Am Ende des Tages werden wir keine neue Regierung haben, sondern allenfalls den Beschluss der Parteigremien, dass es überhaupt zu Verhandlungen über eine große Koalition kommt. Die können erfolgreich sein – oder scheitern. Wir werden es voraussichtlich erst in der ersten Novemberwoche wissen."Falls Merkel bei der Kanzlerinnenwahl keine Mehrheit bekäme, wäre es doch wieder Schröder. Der soll jetzt kein Amt kriegen und steht also als Reserve bereit.

Wolfgang Schäuble soll Innenminister werden. Das Völkische also wird wieder Oberwasser bekommen. "Laut CDU-Fraktionsvizechef Wolfgang Schäuble ist die Türkei ein asiatisches Land," zitiert eine deutsch-türkische Unternehmerorganisation. Und Peter Struck Außenminister. Struck ist sozusagen Allzweckwaffe, eine eierlegende politische Vollmichsau. Er kann einfach alles. Beim nächsten Mal wird er dann Umwelt- oder Familienminister.

Annette Schawan Kulturministerin - das ist die mit dem Kopftuchverbot. Herzlichen
Glückwunsch, liebe Türken: Ihr dürft in ungefähr 100 Jahren in die EU, aber nur ohne Kopfbedeckung!

Fazit: "Aus den Reihen der CDU kämen außerdem der Kanzleramtsminister sowie die Minister für Verteidigung, Inneres, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Bildung und Familie, hieß es. (...) Die SPD bekommt demnach das Außenamt sowie die Ressorts Finanzen, Justiz, Arbeit, Gesundheit, Verkehr, Umwelt und Entwicklungspolitik."

Das wird ein Potpourri der Zweit- und Drittklassigen. Und Lafontaine und Gysi werden sich jetzt schon die Hände reiben: Etwas Besseres konnte der Linkspartei nicht passieren. Glückwunsch!