SUPERMODEL ZUR ASKESE GENÖTIGT Die schöne Kate in TroubleVon Burkhard Schröder
Eine schöne Frau in Gefahr - da muss man doch die Rüstung überstülpen, das Schwert gürten und das publizistische Schlachtross satteln. Wir behandeln (!) heute Kate Moss und die bö(h)sen Drogen, die sie genommen hat und über die sich die Scheinheiligen ereifern.
Nicht, dass die Moss unseres Beistands bedürfte! Sharon Stone, auch eine erotische Zicke vor dem Herrn, hat sich laut Mainpost solidarisch erklärt. Es geht also wieder einmal um die Moral von der Geschicht' und die falschen Freunde.
Wenn man Supermodel [Wikipedia: Kate Moss] ist, bleibt ohnehin nichts geheim: Das Töchterchen, die sexuellen Vorlieben: "It was alleged by the media in September 2005 that Moss has had a long-standing lesbian affair with Sadie Frost. Further allegations have been made that she has had sex with both Sadie and Sadies then husband Jude Law multiple times, and that she has also been involved in lesbian threesomes with Sadie Frost and British TV star Davinia Taylor."
Ach ja, was die High Society so treibt. Da läuft der Geifer den Moralaposteln aus den Mundwinkeln. Der Ex-Mann der Moss gibt übrigens die Zeitschrift Dazed heraus, die Domain heisst confused.co.uk, was irgendwie passt.
Dass Kate Moss gekokst hat, ist ungefähr so aufregend wie die Meldung, dass ein drittklassiger Rockmusiker meinte, ein Hotelzimmer zertrümmern zu müssen, weil das zum Image eines Rockstars gehört. Interessant ist nur der hysterische moraltheologische und um so ekelhaftere Diskurs der Mainstream-Medien zum Thema "Drogen": "Die Kate-Moss-Horror-Show", schreibt die BZ. "Kate Moss: Ist Tochter Lila Grace ihre letzte Hoffnung?" jammert die Bild. "Die wilde Kate Moss– klicken Sie hier!" "Das britische Top-Model Kate Moss wird nach dem Skandal um ihren Kokain-Konsum laut Medienberichten in einer amerikanischen Privatklinik behandelt," berichtet die Basler Zeitung: "Das Programm in der Klinik ist nach Medienberichten besonders rigoros. Kate Moss dürfe dort nicht telefonieren, Zigaretten seien nicht erlaubt, und Kontakt mit der Familie sei untersagt. So musste das Supermodel ohne ihre zweijährige Tochter Leila Grace anreisen."
Genau: Askese macht frei. Gelobt sei, was hart macht. Auch wenn Kinder dabei auf der Strecke bleiben. Arbeit macht drogenfrei. Hart durchgeifen. Zähne zusammenbeißen, Kate. Hart wie Kruppstahl gegen Drogen. Sich nicht gehenlassen. Disziplin. Strammstehen. Melden Sie sich beim Drogen- und Jugendschutzwart. Entzug durchführen. Drogen verbieten. Das Übliche eben.
Übrigens, liebe wohlwollende Leserin und lieber geneigter Leser: Mit den bösen Drogen kenne ich mich ein wenig aus, weil ich ein kleines Buch über das Thema verfasst habe. Eines kann ich versichern: Die "Drogentherapeuten" wissen bis heute nicht, was genau "Sucht" bedeutet, geschweige denn, wie sie das Verhalten, psychotrophe Substanzen zu konsumieren, ändern sollen. Das Verbot, bestimmte Drogen nicht nehmen zu dürfen, andere aber in der Drogerie kaufen zu können, ist mindestens so irrational wie der Drogenkonsum selbst.
Ärgerlich, dass kein Medium sich über das verlogene Gefasel à la Gala aufregt. Wer Drogen nimmt, ist "schwach"? By the way: Trainspotting (Buch) lesen oder ansehen (Film).
Das Buch ist großartig: "Die Gesellschaft erfindet eine völlig verdrehte Scheinlogik, um die Leute, deren Verhalten außerhalb des Mainstreams steht, zu absorbieren und zu ändern. Angenommen, ich kenn alle Für und Wider, weiß, dass ich n kurzes Leben haben werd, bei klarem Verstand bin und so weiter, will aber immer noch Heroin nehmen? Das lassen die nicht zu. Sie lassen es nicht zu, weil sies als Zeichen für ihr Versagen deuten. Dass du dich einfach entschlossen hast, das, was sie dir zu bieten haben, abzulehnen. Entscheide dich für uns. Entscheide dich fürs Leben. Entscheide dich für Hypothekenraten; Waschmaschinen; Autos; entscheide dich dafür, auf der Couch rumzusitzen und bescheuerte, nervtötende Talkshows anzuglotzen, während du dir beschissenes Junkfood in den Mund stopfst. Entscheide dich dafür, langsam zu verrotten, dich im Pflegeheim vollzupissen und einzuscheißen, dass es deinen selbstsüchtigen, versauten Blagen, die du in die Welt gesetzt hast, peinlich ist. Entscheide dich fürs Leben."
Wollen wir nur hoffen, dass die "Drogenklinik", in der die schöne Kate einsitzt, etwas anderes zu bieten hat hat Junkfood und Psycho-Talkshows. Ceterum censeo: Gebt das Hanf frei! ------------------------------------------------------------------------------------ BURKS ONLINE 05.10.2005 Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des BurksVEB.
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