HAUSMITTEILUNG BlondVon Burkhard Schröder Die Haare wurden gewachsen und gewellt und die dunklen Wurzeln mit einem so starken Peroxid gebleicht, dass sie einen Ventilator auf die Blonde Darstellerin richten mussten, damit sie nicht erstickte, und dann wurde ihr Haar nochmals ausgespült und auf riesige rosa Wickler gedreht, und eine röhrende Haube wurde auf ihren Kopf herabgesenkt wie ein Gerät zur Verabreichung von Elektroschocks. Ihr Gesicht und ihr Hals wurden mit Dampf behandelt, gekühlt und gecremt. Ihr Körper wurde gebadet und eingeölt, jedes unschöne Haar entfernt; sie wurde gepudert, parfümiert, angemalt und dann zum Trocknen hingesetzt.
Die geneigte Leserin - und vielleicht auch der wohlwollende Leser - wissen natürlich, um wen es geht. Ich empfehle ein Buch: "Blonde" von meiner Lieblingsschriftstellerin Joyce Carol Oates (vgl. Wikipedia).
Was habe ich hier unter diesen Fremden verloren? In einer Rezension heisst es etwas dürr: "Joyce Carol Oates montiert aus inneren Monologen, Erzählungen wechselnder Erzähler-Ichs, erfundenen Gedichten und Notizen Marilyn Monroes und angeblichen Kommentaren von Zeitzeugen einen Roman, in dem sie zwischen Fakten und Fiktion bewusst nicht differenziert."
Er liebte sie, schien sie aber nicht besonders zu mögen. Solche Sätze! Für mich hat die Oates das, was die Verehrer höherer Wesen "das Zweite Gesicht" nennen: Man kann nie sicher sein, ob einem aus der glatten Oberfläche der Realität nicht ein Monster entgegenspringt. Und deshalb trauten wir ihr nicht. Sie hielt sich einfach nicht an den Text. Aus ihrem Mund konnte sonst etwas kommen.
Marilyn Monroe alias Norma Jeane Baker - das US-amerikansiche Sex-Symbol und die Pop-Ikone an sich. Darüber einen Roman zu schreiben ist so anspruchsvoll wie ein Besinnungsaufsatz über die Schöpfung zu verfassen. Die Schauspielerin: Weil Norma nämlich keinen Schimmer hatte, wer sie war, und dieser innere Leere irgendwie ausfüllen musste.
Das Buch hat über 900 Seiten, und ich habe erst die Häfte hinter mir. Es saugt einen aus, macht erschöpft - ich habe gestern über Stunden wie im Fieber davorgesessen und es verschlungen. Solche Sätze! Über Humphrey Bogart und Senator McCarthys Ausschuss für "antiamerikanische Umtriebe": Freunde verpfeifen, das ist die wahre Bewährungsprobe für einen wahren Patrioten. Seit gestern sehe ich Bogart mit anderen Augen. Opportunistisches Arschloch.
Ich muss dieses Buch liegen lassen. Es frisst mich auf. Man kriegt ganz finstere Gedanken davon. Du solltest nicht mit Menschen zusammen sei, die nicht nicht lieben. Ja, und das werde ich in ein paar Stunden beherzigen. Dann geht es mir hoffentlich wieder besser. Trotzdem: Das Buch kaufen, leihen oder klauen. Es lohnt sich (übrigens ohne Bilder). | |