US-SOLDATEN FOLTERN WEITER Handbuch der FolterVon Burkhard Schröder
Lesen wir gemeinsam die Mutter aller deutschen Meinungsmacherinnen, die "Bild": "Soldaten einer US-Elite-Einheiten im Irak packen aus. Folter war 'eine Art Sport'. [...] Die Welt war erschüttert über die Schock-Fotos aus dem irakischen Gefängnis Abu Ghraib. Der Fall England – längst wissen wir: kein Einzelfall. Jetzt hat die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) weitere Folterungen publik gemacht. Angehörige von Elite-Einheiten der US-Armee sollen Gefangene gedemütigt, mißhandelt und gequält haben."
Focus ist mit dabei: "Soldaten der angesehenen 82. US-Fallschirmdivision hätten irakische Häftlinge extremer Hitze oder Kälte ausgesetzt, ihnen nichts zu essen und zu trinken gegeben, sie nicht schlafen lassen, sie zu menschlichen Pyramiden aufgeschichtet oder sie brutal verletzt, berichtete HRW unter Berufung auf zwei Unteroffiziere und einen Hauptmann der Division."
T-Online berichtet auch, garniert mit einer Werbung für Windows-Tuning und einigen Links auf sich selbst. Und noch die Tagesschau: "Soldaten der angesehenen 82. US-Fallschirmdivision hätten irakische Häftlinge extremer Hitze oder Kälte ausgesetzt, ihnen nichts zu essen und zu trinken gegeben, sie nicht schlafen lassen, sie zu menschlichen Pyramiden aufgeschichtet oder sie mit Baseball-Schlägern verprügelt, berichtete die in New York ansässige Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW). Die Organisatiuon [sic] beruft sich auf US-Militärangehörige. Die Misshandlungen der Gefangenen habe teilweise einfach dazu gedient, bei den Soldaten "Stress abzubauen", hieß es in dem HRW-Bericht." So ähnlich hatten wir das schon weiter oben gelesen.
Liebe geneigte Leserin und lieber wohlwollender Leser: Das Thema gehört sowohl in die Rubrik "Politik" als auch in "Medien" und "Internet". Und alle wissen schon, was jetzt pädagogisch wertvoll kommt: Keine einzige deutsche Online-Redaktion ist in der Lage und willens, einen Link zu Human Rights Watch zu setzen. Es ist einfach nicht zu fassen. Dummheit? Faulheit? Ignoranz? Internet- und Link-Phobie? Technische Überforderung? Furcht des Redakteurs vor dem Wegzappen des Surfers? Vermutlich alles zusammen.
Man könnte sogar auf die kühne Idee kommen, dass es deutsche SurferInnen geben könnte, die vielleicht ein paar Worte der englischen Sprache beherrschen und daher erwägen, die Original-Meldung zu lesen: "Leadership Failure - Firsthand Accounts of Torture of Iraqi Detainees by the U.S. Army’s 82nd Airborne Division." (Auch verfügbar in Französisch und Spanisch.) Aber die Idee, dass die Rezipienten womöglich einen eigenen Willen besitzen und sogar selbst entscheiden wollen, was sie sehen, hören und lesen wollen, ist für deutsche Online-Journalisten so abwegig, dass man seine kostbare Lebenszeit nicht weiter damit verschwenden sollte darüber nachzudenken, woher diese Verachtung für die Leserinnen und Leser kommt.
Die Erklärung, die Human Rights Watch in Gestalt der Überschrift gibt, ist jedoch zu kurz gegriffen. Ein KZ-Aufseher hat Häftlinge nicht nur gequält, weil es "Mängel in der Führung" gab. Der Krieg macht Menschen zu Bestien, und er holt das Bestialische aus ihnen heraus. Er vernichtet alle moralischen Maßstäbe und alle Regeln des Zusammenlebens. Krieg bedeutet immer Folter, ob das jemand will oder befiehlt oder nicht. Eine Debatte, ob Folter gut oder schlecht sei, ist überflüssig angesichts der Tatsache, dass Bomben auf Kinder geworfen werden und der so genannte Homo sapiens sich gegenseitig abschlachtet.
Es gibt nichts Ehrlicheres als die Gladiatorenkämpfe im alten römischen Kolosseum. Und die CIA hat bekanntlich für die Folter zwei Handbücher herausgegeben: "Human Resource Exploitation Training Manual" aus dem Jahr 1983 und "KUBARK Counterintelligence Interrogation" vom Juli 1963. Und danach ging und geht man vor, überall auf der Welt. Von der US-Armee lernen heißt foltern lernen.
Nachtrag 04.10.: Eine lobende Ausnahme bildet Panorama - dort findet man alle notwenigen Links. Danke für den Hinweis! |