Warum kracht es hier immer?

Von Burkhard Schröder

Der Homo sapiens an sich ist ein Voyeur. Wenn es kracht, jemand brüllt oder Blut fließt, will man es sehen. Davon lebt übrigens rotten.com. (Vorsicht, liebe Mitglieder des Presserats, Jugendschutzwarte und andere weltentrückte Gutmenschen, liebe Zensoren: Das ist eklig! Nicht klicken - der Anblick könnte euch sittlich gefährden!)

Wenn ich als emanzipierter Mann in der Küche den Abwasch mache, achte ich auf ein bekanntes Geräusch. Lautmalerisch geht es so: Quiiiietsch. Bummm. Ich wohne direkt an einer sehr belebten Kreuzung, zum Glück so hoch, dass der Lärm erträglich und die Aussicht um so schöner ist. Sogar mit einer Suchmaschine bekommt man die einschlägigen Ergebnisse geliefert: "Sportwagenfahrer verursacht Unfall mit 100 000 Euro Schaden". Leute fahren sogar auf dem Mittelstreifen der Yorckstraße gegen Bäume, überfahren Radfahrer, brettern mit voller Wucht gegen die Pfeiler der Yorckbrücken (Bild oben). Und ich muss immer zuhören. Iiiiiiiiek. Rumms. Schepper.

Drei Straßen, die aufeinander treffen, eine davon bergab auf die Kreuzung zu: Das überfordert viele Autofahren offenbar.

Und dann noch nach links abbiegen, quer zum Gegenverkehr. Das geht so: Man fährt vorsorglich so lange die Kreuzung voll, bis kein Platz mehr da ist und der Gegenverkehr in die Eisen steigen muss. Dann fährt man einfach los, es wird schon gut gehen. Aber manchmal eben auch nicht.

Heute musste ein grüner Trabi dran glauben. Er ist vorn zerschroten. Entweder ist die Taxe bei Dunkelorange auf die Kreuzung gefahren und der Trabi ist bei Orange schon losgeprescht - oder umgekehrt. Als ehemaliger Taxiunternehmer mit immer noch guten Kontakten in die Branche weiß ich: Taxifahrer fahren immer zu schnell und sind immer unschuldig. Ich bin zwischen 1977 und 1996 auch selbst gefahren und habe nur einen einzigen Unfall verursacht. (Den aber richtig: Zwar ohne Personenschaden, aber zwei Mercedes und ein BMW mussten in die ewigen Jagdgründe.)

Wir kommen wie gewohnt ins Plaudern, verehrte Stammleserin und geliebter Stammleser. Aber über was soll man bei dieser Nachrichtenlage schreiben? "Struck nimmt Abschied von Usbekistan". Wen interessiert's? Die CDU macht einen US-amerikanischen Wahlkampf mit orangenen Cheerleadern und "Angie"-Gegröle. Wenn es denn den Inhalten dient. "Finanzbeamte rauben die Spielbank Hannover aus." Schön. Kommt ins Vermischte. "Verbraucherschützer mahnen Jamba ab": Endlich unternimmt jemand etwas gegen die Klingelton-Seuche. Aber die werden sich trotzdem nicht beeindrucken lassen. Man müsste einfach nur alle Idioten in Berlin gleichzeitig auf die Kreuzung vor meinem Haus dirigieren. Ich würde dann noch einen Kanister Benzin vom Balkon werfen. (Gewaltphantasien off)

BURKS ONLINE 28.08.2005
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