Fackelzüge kennt man vom Großen Zapfenstreich. Ihre Pfarrer-kompatible Version nennt man Lichterkette. Eine Lichterkette unterscheidet sich vom Fackelzug in zwei Dingen: das Feuer ist kleiner, und es wird von Zivilisten getragen. Die Symbolik ist identisch: wir verbrennen das Böse, bei Protestanten: die eigene Schuld. Ziel der Aktion ist das kathartische Gefühl, sich gegenseitig versichert zu haben, für das Gute zu sein - wie das liturgische Händeschütteln nach der Sündenvergebung bei den Verehrern höherer Wesen christlicher Provenienz.

Am 7. Mai findet in Berlin wieder eine Fackelkette bzw. ein Lichterzug statt. Wie zu erwarten war, von einem Pfarrer der Luthergemeinde Spandau organisiert. Die Medien wie N24 und die Welt berichten wohlwollend mit den gewohnten Textbausteinen gewohnt unkritisch und gewohnt linkfrei.

Pfarrer Peter Kranz kann man keine Vorwürfe machen, die kostbare Lebenszeit seiner Mitmenschen sinnfrei zu verschwenden. Er hat es immer gut gemeint, im Kampf gegen gegen Gorleben und bei der internationalen Solidarität, die laut Che Guevara die Zärtlichkeit der Völker ist. Die Zärtlichkeit der Deutschen ist bekanntlich das Säubern, insbesondere der Bürgersteige, der eigenen und die der Nachbarn. Auch diese gut gemeinte Putz-Aktion des Pfarrers ist löblich, weil nicht schädlich, aber hundefeindlich.

In einem Punkt jedoch muss dem frommen Mann wie auch den Evangelen insgesamt heftig und vehement widersprochen werden.

"Eine Lichterkette sei 'als Gegenbild zum Krieg das wohl friedlichste Zeichen, das Menschen geben können', betonte Kranz, der vor zwei Jahren bereits die Berliner Lichterkette gegen den Irak-Krieg mit rund 110.000 Teilnehmern organisiert hatte. Sie sei zudem für jene Menschen, die es nicht gewohnt sich, sich politisch zu äußern, 'eine gute Gelegenheit mitzumachen'. Auf Transparente oder Fahnen soll bei der Abendveranstaltung allerdings verzichtet werden."

Das friedlichste Zeichen, das Menschen geben können, ist Feuer, das die dunkle Nacht erhellt? Wer so etwas behauptet, das wissen wir seit Wilhelm Reich, ist vermutlich sexuell frustriert. Die Massenpsychologie des Fackelzugs passt zwar zur deutschen Leitkultur, man sollte aber nicht vergessen, dass es weitaus friedlichere Bilder und Aktionen gegen den Krieg gibt, Sex zum Beispiel, und das schon seit Lysistrata.

Lieber Herr Pfarrer, ein Lichterzug ist langweilig, so etwas von abgenudelt und PR-mäßig somit grottenschlecht. Zum Gähnen eben, von der fehlenden Wirkung gegen das jeweils Böse ganz abgesehen. Dieses kleine familien-und frauenfreundliche Forum erinnert an die Grundregel der Werbebranche: Sex sells. Also: öffentlicher Sex gegen Rechts - das wohl friedlichste Zeichen, das Menschen geben können! Da würden mehr Leute mitmachen, und gute Public Relations wäre Ihnen sicher.

BURKS ONLINE 26.04.2005
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