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burks
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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
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BeitragVerfasst am: 25.04.2005, 02:25 Antworten mit ZitatNach oben






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Am Muttergottesfluss

Von Burkhard Schröder

Karte6. Juni. "Kaum zu glauben, wir sitzen immer noch in Reyes fest, schon zehn Tage. Jeden Tag das Gleiche: Essen kochen, Eis essen, Reisbrot kaufen, eventuell am Wochenende Freiluftkino mit 20 Zuschauern, abends auf einer Straßenkreuzung Empanadas und Kaffee. Wir sind die einzigen Fremden in dem Kaff. Eine Verkäuferin ist 27, hat fünf Kinder, eines davon ist schon 13.

Am zweiten Tag sollte eine Militärmaschine fliegen, aber schon morgens fing es an zu schütten. In einer Viertelstunde waren alle Wege purer Matsch. Mittlerweile haben wir ausgefeilte Techniken entwickelt, uns zu beschäftigen: das Wetter gibt uns Gelegenheit, die Kleidung zu säubern, zu nähen und zu flicken, Leder von Gürtel und Schuhen zu fetten, den Benzinofen auseinanderzunehmen und wieder zusammenzusetzen, das Gummi zu ölen. Der Dschungel erwartet uns."

Der nächste Tagebucheintrag ist vier Tage später, ein paar hundert Kilometer weiter im Norden. Irgendwann durchstreifte ein Lkw das Dorf und sammelte alle ein, die fliegen wollten - der Militärs verdienen an den Passagieren und wollen niemanden vergessen. Der "Flughafen" besteht aus einem abbruchreifen langgestreckten Gebäude mit Hakenkreuz-Schmierereien. Dazu ein niedlicher Kontrollturm, der aussieht wie ein Bahnwärterhäuschen. Und - zur Beruhigung der Passagiere - ein Flugzeugwrack am Rand der Graspiste. Endlich - wir schauen besorgt zum Himmel, ob es nicht wieder regnet - kommt die Propellermaschine.

Eine dichte Wolkendecke liegt über dem Dschungel. Nach einer Stunde eröffnet der Pilot, dass man das Flugziel geändert habe - es gehe nach Cobija, Chive am Rio Madre de Diosder ehemaligen "Hauptstadt" des Pando während des Kautschukbooms Anfang des 19. Jahrhunderts.

Ein kleiner Umweg von 800 Kilometern, als flöge man von Frankfurt nach Hamburg statt nach Berlin. Cobija, ein freundlicher, verschlafener Ort mit einigen Cafés, einige schöne alte Häuser mit reich verzierten Holzgiebeln. Am nächsten Morgen versammeln sich die Passagiere guter Hoffnung am Flughafen, aber die Piloten zögern den Start bis Mittag hinaus. Dann endlich, nach drei Wochen, erreichen wir Riberalta. Der erste Gang zum Fluss, dem Rio Madre de Dios. Ihm wollen wir uns für die lange Reise über Hunderte von Kilometern aufwärts bis nach Peru anvertrauen. Der "Hafen" (rechte Bild, oberer Reihe) ist nicht der Rede wert; nur ein paar Kähne mit Kautschuk-Rollen dümpeln vor sich hin.

13. Juni. "Wir schwimmen auf dem Rio Madre de Dios! Eine Angelegenheit, die einen inspirieren sollte, einen Abenteuerroman zu schreiben, wenn man nicht gerade an die vielen kleinen Unannehmlichkeiten denkt, die schnell vergessen sind, aber das Gefühl der Gegenwart beeinflussen. Der Motor des Schiffchens ist so laut, dass die Zähne und die Zunge vibrieren. Der Kaffeetopf strotzt vor Ruß, der sowohl in unsere Tassen fällt als auch an den Fingern kleben bleibt. Eine Toilette gibt es selbstredend nicht, man hängt den Allerwertesten über Bord, und die anderen Passagiere schauen derweilen dezent in die andere Richtung.

Die Moskitos lassen sich von dem leichten Lüftchen, das anderswo Fahrtwind heißt, nicht beeindrucken. Ich sitze auf dem Bug des Hauptschiffes, hinten ist noch ein Lastkahn angehängt. Der grüne Wand des Pando-Dschungels zieht in Fahrradtempo vorbei. Einmal wage ich es, in der Schlammbrühe des Flusses ein Bad zu nehmen. Die einheimischen Passagiere beobachten mich, als vermuteten sie, ich ginge ich gleich unter. Oder sie warten auf Piranhas, die mir wichtige Körperteile abbeißen.

Heute morgen erfahren wir in einem Gespräch mit dem Kapitän, dass unser Boot das letzte ist, dass flussaufwärts fährt. Der Wasserstand ist wegen der Trockenzeit so niedrig, dass zwischen Puerto Maldonado in Peru und Riberalta keiner mehr durchkommt. Nach kurzer Diskussion ändern wir unseren Reiseplan. Wir werden einfach mitten im Urwald an einem winzigen Ort aussteigen, in dem einige Kautschuksammler wohnen sollen. Er heisst Chive, kurz vor der peruanischen Grenze. Auf unserer Karte ist er nicht verzeichnet, aber die anderen Passagiere sind sich weitgehen einig, wo er sein soll."

Zwischendurch legen wir wir ein paar Mal am Ufer an. Das Schiff ist hier die Lokalbahn, und an jeder Hütte wird Halt gemacht und gekauft und verkauft. Ein Siedler führt uns stolz sein Dutzend Kinder vor (Bild ganz unten), verhaspelt sich aber, als er deren Namen aufzählen soll, bis er schließlich aufgibt. Wir kaufen von ihm eine Schlangenhaut für umgerechnet ein paar Mark (die liegt noch heute auf meinem Bücherregal).

RurrenabaqueReyesRiberalta
Rio Madre de DiosRio Madre de DiosRio Madre de Dios
Rio Madre de DiosChiveChive
ChiveChiveChive
Familie eines KautschuksammlersKücheRio Madre de Dios


Der Urwald verändert sich kaum merklich. Die Bäume wachsen höher, Schlingpflanzen verfilzen sich zu einem undurchdringlichen Dickicht. Die "Gehöfte" werden spärlicher, machen aber durchweg einen gepflegten Eindruck: überall gibt es Schweine, Höhner, enten, man pflanzt Bohnen, Mais, Kochbananen (platanos), Yucca. Die Häuser sind rein "indianische"; ohne Seitenwände, der Fußboden rund einen halben Meter hoch, oben noch ein "Dachboden". Die Leite besitzen keine Moskitonetze, vermutlich weil die zu teuer sind, brennen aber für die Nacht in Dosen eine Substanz ab, die einen stechenden Rauch entwickelt.

Morgens zwischen vier und sechs Uhr liegt unser Schiff still: der Fluss ist dann voller Nebel, so dass man kaum die hand vor Augen sieht. Bei Sonnenaufgang schwebt der Nebel langsam nach oben und gibt den Blick auf den glitzernden Fluss und die grüne Mauer am anderen Ufer frei. Tagsüber sind mehr als vierzig Grad im Schatten. Überall soll hier Gold zu finden sein, sagt man uns.

Der Rio Manuripi mündet in den Muttergottesfluss. Hier erleben wir ein seltenes Naturschauspiel: Tausende von Fischen tanzen auf dem Fluss, springen in die Höhe wie Delphine und fallen in unser Beiboot und auf die Planken, die bald voll von zappelnden Laibern sind. Wir können nur staunen: niemand weiß, warum das so ist.

20. Juni. Eine Woche auf dem Rio Madre de Dios. Schon morgens fängt es an, wie aus Eimern zu regnen. Wir begegnen einer Art Floß des Unternehmens Minera Asunta, das im Pando nach Gold schürfen lässt. Andere Schiffe gab es nicht, nur ein paar Einbäume von Fischern. Mitten Am Rio Madre de Dios in der Nacht erreichen wir Chive, wir erkennen der Ort lange vorher an einem Licht. Am hohen Ufer (Bild ganz oben) warten zahlreiche Menschen. Sie starren uns an, als seien wir mit einem Ufo gelandet, als wir mit unseren schweren Rucksäcken den glitschigen Hang hinaufstapfen. Die Kinder umschwärmen uns wie Motten und beobachten jede Bewegung. Man weist uns eine Art Schuppen zu, der halb mit Paranüssen gefüllt ist. Beim Schein unserer Taschenlampe befestigen wir Hängematten und Moskitonetze und machen es uns so "gemütlich" wie möglich. Die Kinder starren durch die Ritzen der Holzwände und kichern. Um Mitternacht beruhigt sich alles, nur noch das Wispern der Urwaldnacht ist um uns herum zu hören.

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BURKS ONLINE 25.04.2005
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