Rot(!)chinesen kaufen Hamburg (fast)

chinese navy
Ein Vorauskommando der chinesischen Volksbefreiungsarmee erkundet den Hamburger Hafen.

Die Chinesen können bekanntlich Hafen. Die üblichen Verdächtigen aka Qualitätsmedien regen sich jetzt künstlich auf, weil Teile des Hamburger Hafens an den chinesischen Staatskonzern Cosco verkauft werden sollen.

Textbausteine: Feind der freien demokratischen Welt. Autokratisches Regime. Kommunistische Macht. Was war noch einmal die „freie Welt“? Gehören Ungarn und die Türkei dazu? Und was sind die Kriterien für „frei“? Mit „autokratischen Regimes“ hat Deutschland bekanntlich nichts am Hut, außer mit Saudi-Arabien sowie (die Liste wäre zu lang und passte nicht auf mein Blog). China ist im übrigen noch nicht einmal nach eigenem Selbstverständnis „kommunistisch“.

Was soll also diese Propaganda? Und warum werden die Uiguren nicht erwähnt? Die gehören doch zur deutschen Berichterstattung über China wie die behaarte Brust Charlton Hestons zu einem christlichen Sandalenfilm und das Echo zur Eiger Nordwand!

shanghai harbour
Kommunistische Schiffe treffen im Hamburger Hafen ein (Symbolbild).

Die anti-chinesische Propaganda wird schon seit längerem von Georg Kiesinger US-amerikanischen „Experten“ ventiliert; hierzulande plappern sie nur nach. Aus völkerkundlicher Sicht ist es immer wieder interessant zu beobachten, wie zusätzlich uralte antikommunistische Reflexe wiederbelebt werden und in die „Argumentation“ einfließen. Wen kann man mit „kommunistisch“ eigentlich noch erschrecken? Vermutlich nur die hiesige „Linke“.

shanghai harbour

By the way: Können die hier mitlesenden IT-Experten mir erklären, was diese komische Meldung auf https://en.portshanghai.com.cn bedeutet?

Die Abendlage im Klartext [Update]

abendlage
Abendlage (Symboldbild), credits: Cristy Ren/Instagram. Mit dem Mädel habe ich ein bisschen Mitleid. Wer so aussieht, hat bestimmt ununterbrochen Ärger. [Update] Das Mädel ist Russin.

Was haben wir:

– Der Gerichtshof der EU hat entschieden: „Eine interne Regel eines Unternehmens, die das sichtbare Tragen
religiöser, weltanschaulicher oder spiritueller Zeichen verbietet, stellt keine unmittelbare Diskriminierung dar, wenn sie allgemein und unterschiedslos auf alle Arbeitnehmer angewandt wird.“ Umkehrschluss: „Firmen dürfen Mitarbeiterinnen das Tragen eines Kopftuchs verbieten“. Dann sollen sie es tun, Vivantes! (Werden sie aber nicht.)

– Interessant, was Demonstranten in Leipzig den Bandera-Verstehern zuriefen: „Nazis raus!“ „Die Polizei sieht hingegen (sic!) keine strafrechtliche Relevanz.“ Das wäre ja noch schöner.

– Russen und US-Amerikaner fraternisieren temporär in Syrien.

Halina Wawzyniak „Über autoritäre Selbstgerechte“.
… erzählen gutverdienende und materiell abgesicherte Personen was angeblich getan werden müsste. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier Menschen mit geringem oder keinem Einkommen sowie Transferleistungsempfangende für den eigenen Ego-Tripp (sic) und den Kampf zum Erhalt der eigenen Privilegien benutzt werden. Im Kern nämlich wissen die autoritären Selbstgerechten meist nichts von deren Leben und wollen es auch nicht wissen. Sie müssten dann nämlich zum Beispiel früh aufstehen und sich in den ÖPNV quetschen, um an einen Arbeitsplatz zu kommen bei dem selbst jede Pinkelpause genau notiert wird. Sie müssten zum Beispiel mit Leuten reden und nicht nur für Fotos posieren, die nicht wissen, ob sie Morgen noch ihre Miete oder ihren Strom bezahlen können und die keine Rücklagen haben. Sie müssen zum Beispiel in Kneipen und nicht in Edelrestaurants gehen, möglicherweise sogar ziemlich verrauchte Kneipen mit Alkohol. Sie müssten auf einem Campingplatz Urlaub machen und nicht im 5-Sterne-Hotel.

abendlage

– Das Finanzkapital beurteilt die Lage der russischen Wirtschaft nicht so schlecht.

– Der ukrainische Außenminister redet Klartext: „Wenn Sie mich fragen, wer auf der Krim oder in Belgorod etwas in die Luft sprengt, dann sage ich Ihnen im Privaten, ja das waren wir.“

Наше дело правое. Победа будет за нами! Schon klar.

It’s the stupid Economy

Fefe sagt alles Nötige über die „Nobelpreisträger“ für Wirtschaft. Dann brauche ich mir keine Gedanken zu machen, wie ich die zu würdigen hätte.

Chinese grinning

happy chinese

Business Insider: „China’s top energy firms are sending natural gas to European nations struggling with Russia’s supply cuts“.

Das Gas ist gar nicht weg, es hat nur jemand anderes, der ein bisschen den Preis erhöht – wegen des großen Umwegs nach Europa.

Ach so.

Hier ist nicht Sparta

class struggle greece

Hat hier jemand die FDP gewählt?
– „Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat die Reformpolitik Griechenlands nach der Schuldenkrise als „sehr beeindruckend“ bezeichnet und sie auch Deutschland als Vorbild empfohlen.(…) „Für uns ist dabei ein Orientierungspunkt die beeindruckende und erfolgreiche Politik der griechischen Regierung“, hob er hervor.“ (07.12.2021)

– „Griechische Staatsverschuldung steigt auf über 357 Milliarden Euro. (…) Dazu kommt, dass die Inflationsrate in Griechenland im Juni 11,6 Prozent betrug, gegenüber 10,5 Prozent im Mai 2022, was eine der höchsten Raten in der Eurozone darstellt.“ Die Gesamtverschuldung Griechenlands liegt bei 193 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Keine weitere Fragen, Eurer Ehren.

Was macht eigentlich die Arbeiterklasse?

working class

Gibt es Quellen, diese Frage zu beantworten? Ich habe ein paar zusammengesucht, zum Beispiel: Entwicklungstendenzen der Sozialstruktur der BRD 1996-2019 (III) – Abhängig Erwerbstätige nach Beschäftigungsverhältnissen und Qualifikation. Es wäre doch sinnvoll und nützlich, wenn es etwas wie Friedrich Engels‘ Die Lage der arbeitenden Klasse in England (1845) auch heute und periodisch gäbe? Nein, gibt es nicht. Allein schon das Wort „Klasse“ ist in deutschen Medien nicht vorhanden, nur in der Literatur.

Wer oder was ist die „Arbeiterklasse“ in Kategorien der Statistik bürgerlichen Sozialwissenschaften? Lohnabhängige oder „abhängig Beschäftigte“: „ganz unterschiedliche Sozialcharaktere“, „deren Gemeinsamkeit in der arbeitsrechtlichen Stellung als weisungsgebundene Lohn- oder Gehaltsempfänger (Arbeiter, Angestellte, Beamte) besteht.“ Aha. Also die objektive Zugehörigkeit zu einer Klasse, mitnichten aber die subjektive (weil Beamte zum Beispiel naturgemäß weit von sich weisen würden, dass sie Arbeiter seien). „Abhängig Beschäftigte“ sind aber auch Manager des Großkapitals – die Kategorie ist also nichtssagend.

working class

1. Das „normale“ Arbeitsverhältnis* erodiert. Das ist natürlich im Interesse der Kapitalisten. Die wollen am liebsten hire an fire praktizieren, um das variable Kapital zu optimieren. Der Endpunkt wäre ein Roboter, der keinen Urlaub und keine Regeneration braucht, nicht streikt,selten krank wird und notfalls 24 Stunden am Tag rackert und auch keinen Lohn will. Der Mensch stört nur die Profitmaximierung.

An Teilzeitarbeit wäre nichts auszusetzen, wenn der Lohn reichte. Tut er aber nicht, nur bei hochqualifizierten Berufen. In den letzten 25 Jahren ging die unbefristete Vollzeit von vier Fünfteln aller „abhängigen“ Jobs auf zwei Drittel zurück, Teilzeitarbeit wuchs von fünf auf zwölf Prozent; andere „atypische“ Beschäftigungen von 17% auf 22%. Interessant: Teilzeitarbeit ist eher selten umgewandelte Vollzeit, sondern resultiert aus einem neuen Sektor deregulierter Arbeit (bestes Beispiel: Lieferservices wie Lieferando o.ä.). Ein Drittel aller „Neueinsteiger“ und fast zwei Drittel derjenigen, die nach Arbeitslosigkeit oder Familienphase in die Lohnarbeit zurückkehrten, mussten schon 1985 „atypische“ Beschäftigung akzeptieren.Industrielle Reservearmee“ mal ganz anders! Wie nicht anders zu erwarten, sind Frauen in weitaus höherem Maße von „atypischen“ Jobs betroffen.

2. Arbeit wird gleichzeitig teurer und billiger.

Der geschichtlichen Tendenz der kapitalistischen Akkumulation und Produktivkraftentwicklung ist der Widerspruch von wachsendem Bedarf an qualifizierter Arbeitskraft bei gleichzeitig immer gegebenem Druck zur Entwertung der Arbeitskraft durch Arbeitsteilung, Abspaltung unqualifizierter Tätigkeitsinhalte und Dequalifikation eingeschrieben: qualifizierte Arbeitskraft ist teurer als unqualifizierte.

Auf Deutsch heißt das: Das Kapital muss das variabel Kapital um des Profits eigentlich billiger machen, also die Arbeiter unqualifizierter. Gleichzeitig braucht es aber mehr qualifizierte Lohnabhängige. Das wird einem ganz anschaulich zur Zeit in Deutschland vorgeführt: Alle Branchen suchen händeringend Arbeiter und Lehrlinge, gleichzeitig sind rund 2,3 Millionen Menschen arbeitslos.

Der Trend besteht aber aus mehreren, zum Teil gegenläufigen Variablen: Die einfache Arbeit (für die man keine besondere Ausbildung braucht, wie etwa in der Sicherheitsbranche) geht leicht zurück. Auch die klassischen Arbeitsverhältnisse samt vorangegangener Lehre sind fast konstant. In Gegensatz dazu nimmt die Zahl der abhängig Beschäftigten mit akademischer Ausbildung stark zu. Die Arbeiter der Stirn werden also „proletarisiert“ oder in Verhältnisse gezwungen, die oft schlechter und unsicherer sind als die der klassischen Facharbeiter.

Wer also gut ausgebildet ist, egal in was (nur nicht „was mit Medien“), findet einen Job, aber nicht unbedingt dort, wo es geplant war. (Ich selbst bin auch ein Beispiel.)

Zusammengefasst: Dem relativen Anteilsverlust der Unqualifizierten bei den Beschäftigten entspricht ihr wachsender Anteil an den Arbeitslosen. Mit dem überproportional starken Zuwachs der akademisch qualifizierten Lohnabhängigen steigt trotz des geringen Arbeitslosigkeitsrisikos ihr Anteil an den Arbeitslosen. Die Gruppe der Beschäftigten mit Ausbildung im dualen System oder Fachschulabschluss wächst zwischen 1996 und 2019 absolut, ihr Anteil an den Arbeitslosen geht deutlich zurück.

Das ist interessant: Die Produktion roboterisiert sind und knabbert sowohl am unteren als auch am oberen Segment der Jobs etwas weg: Einfache Arbeit (vgl. Tylorismus) kann langfristig oft schon durch Roboter ersetzt werde, sogar im Dienstleistungssektor und in der Lagerhaltung, und bei der Verpackung ohnehin. Komplizierte und spezielle Arbeiten, für die gut ausgebildete Arbeiter in der Produktion nötig sind, können langfristig durch Roboter billiger werden, wie oben erwähnt: Roboter treten (noch nicht) einer Gewerkschaft bei und zicken nur selten rum.

Auf dem Weg zum Kommunismus Die Ware Arbeitskraft wird also gleichzeitig teurer und preiswerter – eine Tendenz, die Marx schon vor längerer Zeit exakt beschrieben hat. Man könnte auch sagen: Der Kapitalismus, die revolutionärste Gesellschaftsform, die die Welt je sah, hat noch einige Karten im Ärmel, die bei Bedarf ausgespielt werden.

By the way: China führt auch hier. Allerdings ist dort das Proletariat klassenbewusster als hier.

working class

* Bosch definierte das Normalarbeitsverhältnis 1986 als „stabile, sozial abgesicherte, abhängige Vollzeitbeschäftigung, deren Rahmenbedingungen (Arbeitszeit, Löhne Transferleistungen) kollektivvertraglich oder arbeitsbzw. sozialrechtlich auf einem Mindestniveau geregelt sind.“ Ders., Hat das Normalarbeitsverhältnis eine Zukunft? In: WSI-Mitteilungen 1986, H. 3, S. 163176, hier: S. 165. Vgl. auch ders., Das Normalarbeitsverhältnis in der Informationsgesellschaft, in: Jahrbuch des Instituts Arbeit und Technik 2002/2003, Gelsenkirchen 2003, S. 11-24.

Schwarzöl oder: Nothing to stop this selling

russian soldier
Russischer Soldat beim Lesen motivierender Qualitätsliteratur

Ich darf die geschätzten Leser und die der Ökonomie kundigen Leserinnen auf einen interessanten Artikel auf Bloomberg aufmerksam machen: „How Europe’s Main Diesel Exchange Can Help Russia Keep Exporting“. Das geht so:

Europe’s main commodities futures exchange is offering an anonymized conduit for Russian diesel to be supplied into the continent’s oil trading hub.

Since Russia began its invasion of Ukraine in late February, a swath of companies said they were scaling back purchases from Moscow. In practice though, the nation’s oil and fuel is still flowing to export markets in large volumes.

Europe’s main exchange for diesel, run by ICE Futures Europe Ltd, ultimately allows traders to take physical delivery of the fuel once a contract expires. In keeping with the bloc’s current laws, the exchange allows supplies from anywhere, including Russia, to be delivered.

It’s not known where these supplies are to come from, but there is ultimately nothing to stop those selling from choosing to supply Russian material.

Ach so ist das? Es gibt also eine Hintertür, „that keeps Russian oil flowing into Europe“? Kann das jemand mal Putin sagen, oder weiß der es gar schon? Und unsere Qualitätsmedien? Sollten wir das denen mal stecken? Aber um das zu verstehen hätten die Marxismus-Leninismus irgendwie Volkswirtschaft Ökonomie studieren müssen und nicht internationales Recht.

Wg.: Ukraine

ukraine

Fabian Lehr schreibt auf Fratzenbuch:
Keine andere ehemalige Sowjetrepublik hat durch den Zusammenbruch der Sowjetunion und die Bildung kapitalistischer Nationalstaaten einen so extremen gesellschaftlichen Zusammenbruch erlebt wie die Ukraine. Die Ukraine war in der Sowjetunion zusammen mit den baltischen Republiken die wohlhabendste und höchstentwickeltste Sowjetrepublik (wohlhabender als Russland), erlebte im Zuge der kapitalistischen Restauration dann aber einen völligen Zusammenbruch: Ausgedrückt in Dollar mit der Kaufkraft von 2011 ist das ukrainische BIP/Kopf zwischen 1988 und 1995 von etwa 10.000$ auf etwa 4.000$ gesunken und hat bis heute nie wieder das Wohlstandsniveau der 80er Jahre erreicht. Die Lebenserwartung stürzte in den 90er Jahren um etwa 5 Jahre ab und liegt für Männer immer noch leicht unter dem Niveau der späten Sowjetunion in den 80ern.

Diese drastische Verarmung des Landes wurde durch Reste des sowjetischen Sozial- und Subventionssystems ein bisschen abgefedert, aber seit die Ukraine nach dem Umschwung von 2014 ökonomisch de facto zu einer westlichen Kolonie wurde, war damit auch immer mehr Schluss: Als Gegenleistung für die Milliardenkredite, die die Ukraine 2014 ff. bei EU, Weltbank und westlichen Banken aufnehmen musste, um die bisherigen russischen Unterstützungen auszugleichen und den Staatsbankrott abzuwenden, haben Brüssel, Washington und Co ultimativ einen neoliberalen Umbau der ukrainischen Wirtschaft, Massenentlassungen im öffentlichen Dienst und drastische Reduktionen der Sozialleistungen gefordert und erhalten – dasselbe Rezept, das dann auch die Troika in Griechenland anwandte.

Punishing Quotas oder: Was macht eigentlich das Großkapital?

alu

Es zittert ein wenig: „Amazon will block and flag employee posts on a planned internal messaging app that contain keywords pertaining to labor unions, according to internal company documents reviewed by The Intercept. An automatic word monitor would also block a variety of terms that could represent potential critiques of Amazon’s working conditions, like “slave labor,” “prison,” and “plantation,” as well as “restrooms” — presumably related to reports of Amazon employees relieving themselves in bottles to meet punishing quotas.“ (via Fefe)

Die müssen ganz schon unter Druck stehen, wenn sie zu so dämlichen Maßnahmen greifen. Die Gewerkschaft ist übrigens unabhängig. „Amazon Labor Union’s Guerrilla“ – sehr schön!

Was macht eigentlich das Proletariat?

class struggle

Kultige Mehlmärkte

mehl

Galbraith: „Wenn man über den Markt spricht, muss man den theologischen Unterton ausschalten, der diesem Begriff üblicherweise eignet, dieses Element der Allwissenheit, der Allmacht. In der Welt, in der wir wirklich leben, wird jedes, aber auch wirklich jedes individuelle ökonomische Handeln von einem Regelwerk eingerahmt, das staatlichem Handeln entspringt. Die Effizienz dieser Regeln macht die Welt überhaupt erst bewohnbar und den Markt möglich. Nur drei Beispiele. Niemand würde ein Flugzeug besteigen, wenn er nicht an die Kompetenz der Fluglotsen glaubte. Niemand würde frisches Gemüse kaufen, wenn er nicht überzeugt wäre, dass die Lebensmittelüberwachung einigermaßen gut funktioniert. Niemand würde sein Geld Banken oder Finanzinstituten anvertrauen, wenn er nicht überzeugt wäre, dass die Finanzaufsicht in der Lage ist, kriminelle Machenschaften zu verhindern. Jeder einzelne Bereich unserer komplexen Wirtschaftsaktivitäten bedarf staatlicher Regulierung. Wenn diese Regeln sabotiert oder außer Kraft gesetzt werden, sind Unternehmen nicht etwa plötzlich frei und können tun, was sie wollen, die Märkte selbst brechen zusammen. Wenn wir das zulassen, kommt es zu einer enormen Verarmung der Gesellschaft, was jetzt ja tatsächlich auch geschieht.“

Variables Kapital

„Viele Unternehmer sehen die Flüchtlinge einfach als billige Arbeitskräfte.“ Ach?! Echt jetzt? #Kapitalismus

Nicht mehr fett und satt und keine Kompromisse

Bei Fefe lese ich: „Putin wird das nun bis zum Ende durchziehen. Die ukrainische Armee ist bereits besiegt, 80% sind zerschlagen, es geht Munition und Treibstoff aus. Und der kampfstarke Teil der ukrainischen Armee steht direkt vor der Einkesselung, und mangels Treibstoff kann er nicht einmal flüchten. Warum sollte Putin sich in dieser Situation auf einen Kompromiss einigen – zumal er den Westen komplett bei den Eiern hat.

Energie ist eine Nebensächlichkeit, aber denke mal an die Hungersnot (Weizen, Düngemittel) und die damit verursachten Migrationsbewegungen – wir blenden das aktuell noch komplett aus, was da auf uns zukommt.

Oder das z.B. Halbleiter und Chips Materialien benötigen, die zu 80% aus Russland kommen und praktisch nicht ersetzt werden können – warum sollte Russland weiter an unfreundliche Staaten liefern, wenn es von dort sanktioniert wird?

Diese ganze Sanktionsnummer ist entweder einfach nur großes Kino, oder wird uns komplett vor die Füße fallen. So wie es aussieht, steuert es gerade auf einen finalen Konflikt zu, der uns -und nicht Russland- in den Abgrund ziehen wird. Sicher, das Leben geht weiter, irgendwie. Aber das fette und satte Europa, das wird Vergangenheit sein. Wohl zurecht.“

Man kann auch noch Düngemittel (Welt Paywall) anführen: „…die Rolle von Russland und der Ukraine bei der weltweiten Versorgung mit Nahrungsmitteln wie Weizen oder Mais. Zusammen stehen sie für rund ein Drittel des weltweit gehandelten Getreides. (…) Denn Russland und Belarus sind wichtige Lieferanten von Düngemitteln. Rund ein Drittel der weltweiten Kali-Produktion stammt von den Unternehmen Uralkali und Belaruskali, die Nummern zwei und drei im Weltmarkt.

Holländische Krankheit und Rom oder: Anmerkungen zur Lage

weltlage

Was will die herrschende Klasse Russlands? Ist sie sich einig? Unterstützt sie Putin? Das alles ist recht zweifelhaft. Die Situation erinnert ein wenig an die Transformation des republikanischen Rom in eine Diktatur unter Kaiser Augustus: Der Nachteil für die traditionelle römische Oligarchie: Ihre Herrschaftsbasis bröckelte, sie war nur noch das Kostüm. In Wahrheit hatten die Cliquen um den jeweiligen Kaiser das Sagen, die nicht mehr aus der alten Oberschicht stammten. Auch wenn die Elite sich gegenseitig militärisch in Bürgerkriegen bekämpfte, funktionierte die Wirtschaft trotzdem: Über Jahrhunderte wurden die Bauern ruiniert und sanken fast unter den Status der Sklaven; Sklavenarbeit erwies sich auf Dauer nicht mehr rentabel.

Auch die traditionellen russischen Oligarchen sind nicht mehr unbedingt die Basis der herrschende Klasse Russlands. Oder vielleicht sollen sie es nicht mehr sein…

handel

Im Tagesspiegel (Paywall) wird das so zusammengefast:
– Der Verkauf von Erdöl macht knapp 50 Prozent der russischen Exporteinnahmen aus
– Der Verkauf von Erdgas macht weitere sechs Prozent der Einnahmen aus
– 70 Prozent der russischen Exporte nach Deutschland entfallen auf die Energieträger Erdöl, Erdgas und Kohle; für Italien liegt der Wert sogar bei 80 Prozent
– Insgesamt gehen die Hälfte aller russischen Warenexporte nach Europa, nur 14 Prozent gehen nach China
– Dagegen gehen nur fünf Prozent der Exporte aus Europa nach Russland
– Die Hälfte seines Erdöls behält Russland für den Eigenverbrauch
– Wegen der hohen Preise für Energierohstoffe nahm Russland 2021 50 Prozent mehr durch deren Export ein, als ursprünglich geplant.

Ich habe mir die Dokumente aus dem Valdai-Club übersetzen lassen, die die Diskussion innerhalb der russischen Elite zeigen (via Fefe).

Westliche Sanktionen werden Russland einen schmerzhaften Schlag versetzen. Aber es wird nicht tödlich sein. Der Nutzen für die militärische Sicherheit ist größer als der wirtschaftliche Schaden. Wirtschaftlicher Schaden führt in Russland nicht zu öffentlichem Protest, er kann unter Kontrolle gehalten werden. Die Autorität der Behörden wird durch die Lösung einer großen historischen Aufgabe wachsen. Sanktionen gegen Russland werden das Vertrauen in das US-zentrierte Finanzsystem weiter untergraben. Russland wird im „Festungs“-Modus bestehen können. Ein Ausstieg aus der Weltwirtschaft ist möglich und sogar wünschenswert. Der Westen selbst ist im Niedergang. Sein baldiger Tod ist unvermeidlich. Der Sieg in der Ukraine wird der Autorität der Vereinigten Staaten und des Westens einen weiteren Schlag versetzen und ihren weltweiten Rückzug beschleunigen.

In diesem Szenario sollten wir einen radikalen Zusammenbruch der Beziehungen zwischen Russland und dem Westen erwarten, der mit keiner früheren Krise vergleichbar ist. Es wird zu (a) großen menschlichen Opfern führen; (b) eine schwere und langfristige Wirtschaftskrise in Russland als Folge westlicher Sanktionen; (c) erhebliche Militarisierung Osteuropas durch die NATO. Man kann von der Herausbildung einer grundlegend neuen Ordnung in Europa sprechen. Es wird auf einer harten Konfrontation basieren. Das einzige Hindernis für einen großen Krieg werden Atomwaffen sein, obwohl auch die Gefahr einer Eskalation zu einem Konflikt zwischen Russland und der NATO nicht ausgeschlossen werden kann. Russland wird in diesem Szenario zu einer Art europäischem Nordkorea, aber mit viel mehr Möglichkeiten.

Die Diskutanten sind sich aber überhaupt nicht einig, ob das so eintreffen wird. Wohin die Richtung geht, zeigen die aktuellen Berichte über die Kooperation mit China. Zum Beispiel die Schlagzeile: „Russia is building a massive, 50 billion cubic meter gas pipeline to China“.

Die Wirtschaft Russlands basiert zu einem großen Teil auf dem Export von Energie. Gazprom liefert, und ich sehe auch noch nicht, dass sich das zeitnah groß ändern wird, auch wenn die Russen natürlich damit drohen, die Hähne zuzudrehen. Das Finanzkapital setzt aber mittlerweile Russland auf das Niveau von Venezuela herab.

Man sollte die Holländische Krankheit bedenken:

Durch den Verkauf von Rohstoffen (z. B. Öl) steigen die Exporterlöse. Es kommen vermehrt ausländische Devisen ins Land, deren Umtausch zu einer realen Aufwertung der inländischen Währung führen kann (Wechselkursmechanismus). Diese Aufwertung hat zur Folge, dass Importe billiger werden, der Import von Gütern infolgedessen anwächst, was zu einer Erodierung der heimischen nicht-Rohstoffproduktion (Industrie, Landwirtschaft) führt Exporte teurer werden, was zu einer Verschlechterung der Internationalen Wettbewerbsfähigkeit führt sich eine Faktorpreiserhöhung ergibt, weil die inländische Produktion von Faktoren (d. h. von Produktionsgütern bzw. die Bezahlung von Arbeitskräften) ebenfalls teurer wird – was, zusammen mit der im ersten Punkt erwähnten Nachfragesteigerung, zu einem möglicherweise beträchtlichen Kostenwachstum führt. Dieses Kostenwachstum betrifft auch den industriellen und landwirtschaftlichen Sektor, dadurch ergeben sich zusätzliche Absatzprobleme. Hinzu kommt, dass durch die Ausbeutung von Rohstoffen oftmals höhere Gewinne möglich sind, so dass viel Kapital in die Rohstoffgewinnung fließt, während der industrielle Sektor vernachlässigt wird.

Die Verteuerung der Faktorpreise begünstigt eine Wanderung von Faktoren aus der Produktion industrieller und landwirtschaftlicher Güter in den Bereich der Rohstoffgewinnung. Falls die Rohstoffgewinnung wenig arbeitsintensiv ist (wie beispielsweise die Öl- oder Gasgewinnung), wird eine Abwanderung in den Bereich der Erstellung nicht-handelbarer Güter (v. a. Dienstleistungen) begünstigt, weil diese nicht so stark vom internationalen Wettbewerbsdruck betroffen sind. Der Grad der Industrialisierung kann infolgedessen – gemessen am Anteil der Industrieproduktion an der gesamten volkswirtschaftlichen Güter- und Leistungsproduktion – stark zurückgehen oder verschwinden.

Das heisst: Wenn die russische Ökonomie so weitermacht, wird das nichts. Auch in den Diskussionen im Valdai-Club hat man Bedenken:

Wie aus der Analyse aller internationalen Indizes hervorgeht, die den Zustand und die Dynamik verschiedener Lebensbereiche in den Ländern der Welt charakterisieren, zeigt Russland vor dem Hintergrund des stagnierenden Westens einen schnelleren Niedergang. (…)

Die Kosten einer militärischen Lösung der Ukraine-Frage sind zu hoch. Selbst im Falle einer schnellen Niederlage der Streitkräfte der Ukraine stellt sich das Problem der Kontrolle des Territoriums. Das Marionettenregime wird erhebliche Finanzspritzen erfordern. Gleichzeitig wird es sicherlich ineffizient und korrupt sein. Angesichts des Schadens durch die Sanktionen wird die Befeuerung des Regimes die Ressourcenknappheit in Russland selbst weiter verschärfen. Selbst die vollständige Kontrolle des Territoriums der Ukraine wird den Westen nicht daran hindern, ukrainische Formationen in angrenzenden Gebieten zu bilden und zu bewaffnen und einen breiten Untergrund in der Ukraine selbst zu finanzieren und bereitzustellen. Der Krieg wird zu einem wirtschaftlichen Niedergang in den besetzten Gebieten führen, was ihre Bevölkerung noch anfälliger für westliche Propaganda machen wird. Wenn ein Teil des Territoriums vom pro-westlichen Regime behalten wird, wird der Konflikt dauerhaft und langwierig.

ukraine

Die Idee, dass die Ukraine militärisch schnell besetzt und unterworfen werden könne, ist ein Irrtum, obwohl das einige Strategen vielleicht anders gedacht haben. Ich glaube auch nicht, dass Putin, der als Geheimdienstler sozialisiert wurde, sich viele Illusionen gemacht hat. Es reicht aber, die Ukraine ökonomisch zu destablisieren, was allein schon durch den Exodus der Flüchtlinge beschleunigt wird.

Im Valdai-Club wird das ähnlich gesehen:

Die Ukraine ist ein Gift für den Westen. Hilfe im großen Stil wird gestohlen, Institutionen bleiben korrupt. Das Land ist kein Lieferant, sondern Verbraucher von Sicherheit. Seine Mitgliedschaft in der NATO ist aufgrund ungelöster Konflikte und zweifelhafter Beiträge zur gemeinsamen Sicherheit für den Block kontraproduktiv. Im Gegenteil, die Ukraine ist eine Quelle zahlreicher Probleme. Es auf Kaution zu nehmen ist mühsam und kostspielig. Wenn der Westen sich darauf einlässt, dann wird die Ukraine die NATO zu einer noch unausgewogeneren Struktur machen, in der die Zahl der „Trittbrettfahrer“ wachsen wird. Da die Ukraine im Westen liegt, ist sie zu einer weiteren Degradation verurteilt. Es wird eine „Moldowisierung der Ukraine“ geben, das heißt, die Abwanderung von Personal in den Westen und die Primitivisierung ihrer Wirtschaft. Der Westen hat keinen Grund, die Ukraine lange mit seiner Hilfe zu unterstützen. Sie wird schrumpfen, ebenso wie der Platz der Ukraine im System westlicher Prioritäten. Ohne jede militärische Intervention wird die Ukraine degradieren, zu einem Randland und zu einer Priorität dritter Ordnung werden.

Der Tagesspiegel (Paywall) schreibt:

Weil Russland und die Ukraine zu den größten Exportländern weltweit für Brot- und Futtergetreide, Mais, Raps und Sonnenblumenöl gehören, betrifft der Krieg auch die Lebensmittelversorgung. Bei Weizen liegt der Anteil der beiden Länder am weltweiten Export bei 30 Prozent. „Wenn die neue Ernte aus der Ukraine nicht kommt, vor allem Raps und Mais, verschlechtert das die Versorgungssituation weltweit“, sagt etwa Klaus Josef Lutz, Vorstandsvorsitzender der BayWa AG, eine Münchener Landwirtschaftskonzern.

Der Preis für Weizen ist in den vergangenen Tagen drastisch gestiegen. Die entsprechenden Indizes (Futures) sind inzwischen teilweise 40 Prozent teurer als vor Kriegsausbruch. Zwar bringen sich andere Länder wie Indien bereits in Stellung, um die Lücke zu füllen, doch kurzfristig dürfte das nicht gelingen. China habe sich laut Lutz vor dem Krieg mit Getreide aus Russland eingedeckt, so Lutz. „Wer heute Getreidebestände hat, verdient Geld. Wer von Lieferungen abhängig ist, hat ein Problem.“

Die gegenwärtig Herrschenden in Russland und ihre Helfershelfer runzeln also permanent die Stirn. Besonnene Stimmen hatten eine andere Gangart vorgeschlagen:

Die Marginalisierung des ukrainischen Themas ist durchaus möglich und sogar wünschenswert. Die Rivalität zwischen den USA und China wird in den kommenden Jahrzehnten wahrscheinlich das Tempo für das globale Leben bestimmen. Es ist ratsam, eine direkte Beteiligung an diesem Zusammenstoß zu vermeiden und Handlungsspielräume zu wahren.

nazis ukraine

Ich vermute, dass sich Putin verrannt hat. Vermutlich traut sich niemand in seinem engsten Umfeld, ihm zu widersprechen. Das war auch im alten Rom so: Die Imperatoren waren von Opportunisten und Speichelleckern umgeben, die nur den sozialen Aufstieg wünschten und die niemand kontrollierte. Vermutlich haben Putin auch die Generale vorgeschwärmt, wie großartig das russische Militär für die Operation vorbereitet sei. Offenbar waren das Potemkinsche Dörfer.

soviet flag

Unter Anlegern

aktien

Das wird die Grünen begeistern!

Unter Scholastikern

scholastik

„Fred Moseley*: Die Fehldeutung der Marxschen Wert- und Preistheorie – Kritik an Heinrichs Neuer Marx-Lektüre anlässlich des Beitrags von Barbara Lietz und Winfried Schwarz in Z 125/126

Michael Heinrich ist heute einer der prominentesten marxistischen Ökonomen, sowohl in seinem Heimatland Deutschland als auch im Rest der Welt, Seine wichtigsten Bücher erscheinen in englischer Übersetzung. Heinrich ist ein Verfechter der Neuen Marx-Lektüre (im Folgenden NML), die in den 1960er Jahren in Deutschland unter dem Einfluss der Schriften von Hans-Georg Backhaus und Helmut Reichelt entstanden ist. Unter englischsprachigen Marxisten hat sich aus der NML die einflussreiche value-form interpretation (Wertform-Interpretation, im Folgenden VFI) entwickelt (z.B. Arthur, Reuten, Milios).“

* emeritierter Professor für wirtschaftswissenschaften, Mount Holyoke College, Massachusetts

Wisst ihr Bescheid. Es geht noch seitenlang weiter, aber ich habe es nicht mehr lesen können.

Beluga Transatlantic!

kudammwodkabwa

Ich war heute Gast beim Bundesverband für Wirtschaftsförderung und Außenwirtschaft in der alten City West. Michael kenne ich jetzt auch schon 18 Jahre.

Die Öko-Lüge

seltene erden
Seltene Erden – credits: NASA

Was macht eigentlich das Kapital? Fragt ja sonst niemand. Ich aber – vor allem nach der Lektüre der durchaus faktenreichen, aber natürlich Kapitalismus-affinen Titelgeschichte im Print-Spiegel: „Damit der reiche Norden ökologisch korrekt leben kann, wird der arme Süden ausgebeutet: Konzerne zerstören ganze Landstriche, um Rohstoffe für Windräder und Solarzellen zu fördern. Welche Alternativen gibt es? Ach? Hätte uns doch jemand gewarnt!

Ich darf das Publikum daher höflich auf das Thema und die neuesten Trends im Kapitalimus aufmerksam machen dergestalt, dass man sehr gut vergleichen kann, welche Vor- und Nachteile der Staatskapitalismus à la China hat, wenn die Ressourcen knapp werden und wer eigentlich im „freien“ Westen auf den Rohstoffen sitzt.

Kupfer: Die größten Kupfervorkommen sind in (nicht hat!) Chile. Eigentümer ist der Konzern Antofagasta plc, und der wiederum gehört der chilenische Milliardärsfamilie Luksic. Der Chef der Holdings, die unter anderem auch Gold und Molybdän fördern, ist Luksic Craid, der neben der Ausbeutung der Ware Arbeitskraft, die offenbar nicht anstrengend ist, auch noch genug Zeit findet, um auf den Mount Everest und andere Berge zu steigen (den Wikipedia-Eintrag hat garantiert seine PR-Abteilung verfasst). Die Profite sprudeln und das Volk sieht davon nichts.

Das Publikum möge beurteilen, ob die Tatsache, dass fast alle Mitglieder der Kommunistischen Partei Chiles nach dem Putsch 1972 ermordet wurden, auch in anderen Ländern blühte, wenn es ernst würde und die „Linke“ aufhören würde, nur den Kapitalismus reparieren zu wollen. Das Kapital hat bekanntlich weltweit einen funktionierenden Klasseninstinkt.

Was braucht man noch für „Öko“? Elektroautos, Windräder, in den Lithium-Batterien in einem Tesla S steckt so viel Lithium wie in 10.000 Handys. Noch mehr Fakten: Eine Tonne Neodym, das für Windräder gebraucht wird, verursacht 77 Tonnen Kohlendioxid, eine Tonne Stahl nur 1,9 Tonnen. Alles öko eben. Und – Überraschung! – China kontrolliert 75% der Produktion von Lithium. Erklärt das Heulen und Zähneklappern bei den Lautsprechern des Kapitals aka Medien, wenn die Rede auf China kommt?

Kobalt braucht man für Batterien: 64% der Weltproduktion stammen aus dem Kongo. Wie es dort zugeht, ist ausführlich beschrieben worden; der Frühkapitalismus lässt grüßen. Auch Daimler bezieht Kobalt aus dem Kongo, aber auch aus Neukaledonien und aus Papua-Neuguinea (offenbar sitzen da schon die Chinesen fest im Sattel).

Auch, ich vergaß die politische Situation in der so genannten „Demokratischen“ Republik Kongo. Der Staat gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Das Kapital hat nichts zu befürchten: „…der fast vollständige Zerfall der Infrastruktur, Verwaltung und Wirtschaft des Landes und insbesondere die Ausplünderung der äußerst rohstoffreichen Ostprovinzen des Kongo, in denen die Zentralregierung fast völlig machtlos ist, durch Uganda, Ruanda und verschiedene lokale Machthaber.“ Ich wiederhole mich: alles öko! Wir müssen das Klima retten!

Bauxit: Ohne Bauxit gibt es kein Aluminium. (Aluminium ist in den letzten Jahren um fast 60 Prozent teurer geworden.) An erster Stelle der Förderländer steht Guinea – eine Militärdiktatur. Bonus: China hat schon alles aufgekauft und denen gleich noch die Transportmittel dahingebaut. Die Guineer an sich waren nicht dazu in der Lage.

Nickel: Fast die Hälfte der Weltproduktion kommt aus Indonesien. Oh, ich vergaß: China baut in Indonesien zahlreiche Nickelschmelzen. Alles natürlich voll öko! Schmankerl am Rande: Nickel gibt es auch in Kuba. Und die Schweizer engagieren sich beim Nickelabbau in Guatemala, umweltbewusst wie immer (was laufen da auch die Eingeborenen herum und sperren sich gegen die Logik des Klimarettens Kapitals!).

Man könnte, wenn man zufällig unsere Klimaretter*_&%gretInnen lächerlich findet, auf die Idee kommen, es handele sich bei dem grünen Hype um einen Art Imperialismus 2.0, der sich mit Moral aka „Öko“ tarnt und die Leute verdummt. Aber so weit wollen wir heute nicht gehen….

seltene erden

Kommunistische Lektüre und anderes

burks die nachrichten lesend

Der Tagesspiegel informiert uns detailliert: „Die Polizei stellte allerdings auch zwei aktuelle, vertrauliche Dossiers des Bundesnachrichtendienstes zu Nordkorea sicher. Ein Papier war als geheim eingestuft. In den Wohnräumen des Hauptmanns fand sich zudem umfangreiche kommunistische Literatur, auch mit Bezug zu Nordkorea.“

Was könnte das nur sein? Kommunistische Literatur? Ich habe mich schnell in meiner Bibliothek umgesehen, ob man so etwas Gefährliches dort fände. O Graus! Man würde!

werbung

Und now to something usl. Leseempfehlung (aber leider Paywall): Aline von Drateln über „Sex, Macht und „Bild“: Warum spielen die Frauen da mit?“

Kernsätze: „Dass Frauen mit ihren Vorgesetzten schlafen, um Karriere zu machen, passt ebenfalls. Und zwar zur gesamten Branche.“ – „Die interessante Frage aber ist doch: Warum machen die Frauen das mit? Wie naiv muss man sein, dass aus einer Anmache ein Missbrauch wird? Es scheint, als würden sich Frauen freiwillig ausnutzen lassen. Noch immer. Immer wieder. Es lohnt sich, genauer hinzusehen.“ –

„Es geht nicht zwangsläufig um die nächste Sprosse auf der Karriereleiter. Oder darum, dass Frauen sich lästigerweise zu oft verlieben. Sondern um ihre Macht über den Mann.

„So eindeutig das Machtgefälle bei körperlichen Übergriffen ist, so vielschichtig sind die Geschlechterrollen, wenn es um Verführung geht.“ – „Die Intimität eines Flirts findet scheinbar auf Augenhöhe statt. Unerwartet finden sich zwei Menschen aus verschiedenen Positionen in einem exklusiven Raum wieder. Ein Kompliment kann respektlos und herablassend sein. Es kann in ihren Augen aber gleichzeitig die Adressatin heben. Eine SMS vom Chef aus der Konferenz verstärkt die Abgrenzung zum Rest der Redaktion. Vor aller Augen und gleichzeitig hinter ihrem Rücken – Aufmerksamkeit ist für die Generation „social media“ die höchste Währung.“ –

„Und so benutzt man sich zunächst noch gegenseitig. Es geht ja oft von beiden Seiten gar nicht um die andere Person, sondern um sich selbst. Viele Frauen suchen überhaupt keinen Ehemann. Vielleicht nicht einmal einen Liebhaber. Sie suchen ihre eigene Rolle. Beruflich in der Hierarchie noch unterlegen. Sexuell aber überlegen.“ – „Während der Mann noch balzt und hofft die Frau überhaupt „rumzukriegen“, kann die Frau schon längst das halbe Sportressort zum Frühstück verschlungen haben.“

Selten so etwa Kluges zum Thema gelesen.

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By the way: Was macht eigentlich das Kapital? Es hat Lieferprobleme (Paywall). „Weltweit sind neun Prozent der Transportkapazität auf dem Seeweg durch Containerstaus gebunden.“ Und: „Die wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie droht zu erlahmen. Ein Grund dafür sind fehlende Arbeitskräfte. Zehntausende Pflegekräfte, Bauelektriker oder Lkw-Fahrer fehlen. Experten fordern eine längere Lebensarbeitszeit. Und mehr Zuwanderung.“

Wieso Zuwanderung? Wir haben doch gerade sehr viele hochqualifizierte Araber und Nordafrikaner bekommen? Brauchen wir noch mehr? Oder nicht? „Daneben sieht das IW in weiteren Berufen, die für unsere tagtägliche Versorgung entscheidend sind, besorgniserregende Engpässe: etwa bei Bauelektrikern, die neue Häuser mit Strom versorgen (15.500), bei Lkw-Fahrern, die Waren an Supermärkte und Co. liefern (6700), sowie bei Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnikern, die für Wärme in kalten Wohnungen sorgen (13.200). Über alle Branchen hinweg lag der Mangel bei Fachkräften mit Ausbildung im September schon wieder bei 98 Prozent des Vor-Corona-Niveaus – Tendenz stark steigend.“

Ich sage nur: Araber zu LKW-Fahrern! Ein Führerschein dauert nicht so lange. Warum hört niemand auf mich?

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Nur im ältesten Gewerbe der Welt gibt es keinen Personalmangel.

Vorbildlich

vorbildlich
Credits: Jan Myrdal: China: Die Revolution geht weiter – Bericht über den Fortschritt in Liu Ling, Fotos: Gun Kessle, erschienen 1971

Vor langer Zeit, als das Wünschen und Sektierern noch half, las ich lustige Bücher wie auch das obige. Die Zeit vergeht und man sieht klarer. Heute empfehle ich etwas anderes. Die Junge Welt hat ein vorbildlich interessantes Gespräch mit Frank Sieren, der seit 1994 in Peking lebt, über die aktuelle Lage der Wirtschaft in der Volksrepublik. Da der sich auskennt, wird man man manchmal überrascht, die im Mainstream der anti-chinesischen Propaganda hierzulande solide Fakten über das, was in China geschieht, nur selten auftauchen. Lesenswert!

„Der Machtkampf dreht sich nun nicht mehr so sehr um die militärische Vorherrschaft, sondern um die Vorherrschaft im Technologiesektor. Hier sind die Chinesen in einigen entscheidenden Bereichen weiter als die USA.“

„Weil die Regierung keine Lust hat auf Zustände wie 2008 nach dem Crash der Finanzmärkte in den USA, greift sie jetzt ein. Hinzu kommt, dass Geschäftsmodelle gestutzt werden, die auf der Ausbeutung ihrer Mitarbeiter basieren, wie zum Beispiel bei den Essenslieferdiensten. Hier werden nun Mindestlöhne gezahlt. Das ist längst überfällig. Beijing will also insgesamt klare Spielregeln, die sicherstellen, dass die Vielfalt der Unternehmen wächst, die sich gegenseitig in Schach halten. Keine der Firmen soll in der Lage sein, das ganze Land oder gar die Welt in eine Krise zu stürzen. Das Vorgehen dient auch dem Machterhalt der Partei, ist zuweilen auch ruppig, weil es die Regeln während des Spiels ändert. In der Sache ist es aber dennoch sinnvoll.“

„Eigentlich setzt Beijing das um, was die USA nicht hinkriegen, nämlich sinnvolle Spielregeln für diese großen Unternehmen einzuführen.“

„Arbeiter sind knapp in China, das heißt, die Fabriken müssen sich sehr um die Beschäftigten bemühen und inzwischen sogar Prämien zahlen, wenn sie länger als drei Monate bleiben.“

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