Ungezügelt intelligenter Herrenblick

herrenblick

Klaus Theweleits „Männerphantasien“ (Reinbek 1980) sind immer noch eine Lesevergnügen wert. Ich empfehle zum Beispiel das Kapitel „Damm und Fluß – Das Ritual der Massenaufmärsche“ (Bd. 1, S. 447).

Die Flut bekommt einen Namen. „Fahneneinmarsch“ (codierter Strom). Ihr überschwemmendes element ist getilgt. man geht in ihr nichtunter,, aber erregend und faszinierend ist sieimmer noch. Ihr bedrohlicher Teil ist ihr sicher durch die Formierung genoimmen, die Verwandlung der Flüsse in „Säulen“, des fließenden „Weiblichen“ in etwa starres „Männliches“. (…)

Der Faschismus übersetzt so innere Zustände in riesige äußere Monumente, Ornamente als Kanalisationssysteme, in die die Menschen in großer Zahl einfließen, in denen ihr Wunsch wenigstens im (monumental vergrößert) vorgeschriebene Bett fließen darf, in denen sie erfahren können, dass sie nicht isoliert und gespalten sind, (…) Daher ertragen diese Massen auch nicht, wenn nur ein Einziger neben den Blöcken marschiert.

Das stimmt nicht nur für den Faschismus, wie obige Fotos von Frauen in der chinesischen Volksbefreiungsarmee zeigen. Ich erspare mir den Hinweis auf „Massenaufmärsche“ in der ehemaligen DDR…

By the way: Rudolf Augstein schrieb in einer Rezension 1977 über Klaus Theweleit: „Von der ‚ungezügelten Intelligenz‘, die die Freiburger Professoren dem Doktoranden Theweleit bescheinigten, um ihm die Abhaltung eines Proseminars zu verwehren, geben beide Bände Zeugnis. So heißt der Untertitel des ersten Buchs: ‚Frauen, Fluten, Körper, Geschichte‘.“

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Kommentare

7 Kommentare zu “Ungezügelt intelligenter Herrenblick”

  1. KL am Mai 23rd, 2014 8:38 am

    Ich vermute, Theweleit ist nie mitmarschiert. Das macht dann wohl die Schwäche seiner farbigen Diagnosen aus. Von innen kann man erfahren, daß es nur zufällig um eine Abwehr von (metaphorisch!) ‚Weiblichem‘ geht, eher aber um eine Strategie (erfolgreicher) Angstbewältigung mit den Mitteln, die einem auf archaischer Ebene zu körperlicher Auseinandersetzung disponierten Primaten naheliegen. Das Marschieren im gleichen Rhythmus ist zuerst ein Erlebnis der Beherrschung der eigenen Impulse – Gewißheit über die Führbarkeit des eigenen Leibes als Instrument der Verteidgung -, dann das Erlebnis der Gleichartigkeit der Willen – die Nachbarn zeigen sich darin als Nicht-Angreifer -, aus diesem folgend das Erlebnis der Teilhabe an einer Macht, die den verletzlich Einzelnen überbietet, birgt und trägt. Läßt man das auf der freudianisch-reichschen Ebene, bleibt doch ganz unklar, warum die Angstbewältigung in dieser Form eine solche Rolle spielt. Denn wird man dann nicht zu Charakterfragen geführt – *statt zur Analyse von Herrschaftsverhältnissen ?!

  2. Ossiblock am Mai 23rd, 2014 1:36 pm
  3. admin am Mai 23rd, 2014 1:59 pm
  4. ...der Trittbrettschreiber am Mai 23rd, 2014 2:52 pm

    @KL

    Interessante Perspektiven. Ich schließe daraus, dass das Marschieren auch ohne Angst möglich sein kann. Immer wieder Montags – im Großraumbüro.

  5. altautonomer am Mai 23rd, 2014 4:18 pm

    Bewaffnete Frauen werden in kriegerischen Auseinandersetzung nicht so leicht vergewaltigt.

    Ossiblog:
    Die westsozialisierten Linken marschieren etwas strubbeliger:
    http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Black_Bloc_Hamburg.jpg

  6. Ossiblock am Mai 23rd, 2014 4:42 pm

    Militärparaden gibt es überall. Nicht nur in China.

    Leider sind nicht alle so schön anzuschauen, wie die chinesischen Paraden.

    http://debattiersalon.de/wp-content/uploads/2012/03/Zapfenstreich.jpg
    http://www.blog-info.harald-oberhem.net/resources/F%24C3%24BCAkBw.jpg

    Die Westdeutschen sind gruselig – auch wenn sie als Tarnung den Rostocker Wanderprediger und die Hamburgische FDJ-Sekretärin benutzen.

  7. elvis am Mai 24th, 2014 9:32 am

    Ich erspare mir den Hinweis auf “Massenaufmärsche” in der ehemaligen DDR

    Das hätten die in der DDR gar nicht gekonnt. Schaut Euch die beiden Fotos oben an. Das ist langes Training. Sowas geht nicht mit nur 8 Stunden Übung. Die letzten Deutschen die das konnten waren Teile der Leibstandarte AH und im ganz ganz kleinen Rahmen die vom Wachregiment Friedrich Engels.

    Bemerkenswert: Die Damen haben alle die gleiche Körpergrösse. Da fällt keine ab.

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