Leftist Extremists?
Klassenkampf in Kolumbien – laut der Nachrichtenagentur AP hat die herrschende Klasse die Sprachregelung ausgegeben, bei den Bauern, die Straßenblockaden errichteten, handele es sich um „Linksextremisten“: „Authorities said privately that they believed leftist extremists were involved in Thursday’s unrest in the capital and Santos suggested a link.“ Deswegen patrouilliert jetzt das Militar in der Hauptstat Bogotá auf den Straßen.
Auf Portal amerika21.de erfährt man, dass es sich nicht nur um aufständische Bauern, sondern um landesweite Streikaktionen handelt. Gefordert werden „grundlegende Veränderungen in der Wirtschaftspolitik“.
In einer Erklärung vom Montag Abend hat die Bewegung Marcha Patriótica, in der mehr als zweitausend soziale Organisationen zusammen arbeiten, dagegen berichtet, dass allein im Verwaltungsbezirk Valle del Cauca mehr als 50 Personen festgenommen wurden, darunter drei Journalisten ihrer Pressestelle und des Bündnisses der Medien und Journalisten für den Frieden. Ein Jugendlicher schwebe in Lebensgefahr, nachdem er mit einem Gewehrkolben auf den Brustkorb geschlagen wurde. Hinzu komme, dass die Massenmedien über die landesweiten Demonstrationen nicht berichten…
Das Militär und die Rechte behaupteten, Marcha Patriótica sei der verländerte Arm der Guerilla FARC und werden auch von „Terroristen“ finanziert. Schon klar.
Die Linke in Lateinamerika kostümiert sich leider immer nationalistisch. Simon Bolivar dreht sich im Grab um, wenn er das hört. Aber auch in vielen lateinamerikanischen Ländern ist die Linke – wie auch in Deutschland – bei bestimmten Themen komplett merkbefreit. Man kann daher viel über die jeweilige Leitkultur erfahren.
Man stelle sich vor, die „Linke“ in Deutschland organisierte eine Demonstration unter der Losung „Patriotischer Marsch“! Aber auch die Opposition in der DDR war mit der Parole „wir sind das Volk“ unterwegs, um an einen vermeintlichen Konsens zu appellieren – angeblich herrschte ja das „Volk“ im so genannten realen Sozialismus.
Eine „Linke“ als soziale Bewegung gibt es in Deutschland leider nicht mehr und wird es auch in absehbarer Zukunft nicht geben. Undenkbar, dass Lenin als Ikone verwendet würde – man stellte sich ins „extremistische“ und sektiererische Abseits. Auch das Wort „Klassenkampf“ ist in deutschen Medien verboten. Das heißt aber nicht, dass das Thema „grundlegende Veränderungen in der Wirtschaftspolitik“, auch bekannt als „die Systemfrage“, hierzulande vom Tisch ist.
Fotos: Marcha Patriótica
Kommentare
2 Kommentare zu “Leftist Extremists?”
Schreibe einen Kommentar
Als Ossi kann ich die Aussage über die Parole „Wir sind das Volk!“ so nicht stehen lassen, weil der Hintergrund etwas anders ist. Honecker und Co. haben immer behauptet, „das Volk der DDR“ wünsche dieses oder jenes, ohne das Volk überhaupt nach seinen Wünschen zu fragen. Analog FDJ-Chef Krenz für „die Jugend der DDR“, die DFD-Tussi für „die Frauen der DDR“ usw.usf. Diese Amtsanmaßung mißfiel uns. !989 haben wir dann klar gemacht, dass wir, die normalen DDR-Bewohner, uns selbst artikulieren und entscheiden können, dass also „wir“ selbst und nicht die Bonzen „das Volk“ sind. Aus diesem Blickwinkel betrachtet kann ich da keinerlei Nationalismus oder so erkennen der Art, wie er mir vor Jahren in Venezuela begegnete.
[…] den Klassenkampf in Kolumbien (“Leftist Extremists?”) hatte ich hier schon […]