Überwindung wirtschaftlicher Ungleichgewichte

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„Der französische Industrieminister Arnaud Montebourg hat zur Überwindung wirtschaftlicher Ungleichgewichte in Europa kräftige Lohnerhöhungen in Deutschland gefordert. Die deutsche Wirtschaft habe sich über viele Jahre mit Lohnzurückhaltung einen Wettbewerbsvorteil verschafft.“ (Quelle: Focus)

Das übersetzen wir jetzt ins Deutsche. Deutsche Gewerkschaften sind ihren Namen bekanntlich nicht wert: Sie sind die zahmsten in Europa, wissen nicht, dass es um Klassenkampf geht, sondern sprechen von „Tarifpartnern„, was ein Witz ist, und dienen dazu, jeden, der das System auch nur zaghaft in Frage stellt, niederzumachen. Gewerkschaften in Deutschland sind Büttel des Kapitals.

Jetzt beschwert man sich in Frankreich, dass die dortige Profitrate nicht hoch genug ist („Überwindung wirtschaftlicher Ungleichgewichte“), weil es dem deutschen Kapital mit Hilfe der Gewerkschaften gelungen ist, die Kosten des variablen Kapitals (vgl. „Fakten zum variablen Kapital“ (28.03.1013) so niedrig zu halten, dass sich die Kapitalisten hierzulande ins Fäustchen lachen.

Vermutlich käme man eher zum Ziel, wenn die Franzosen einige ihrer Gewerkschaftler nach Deutschland exportieren würden.

Leider nennt der Focus-Artikel keinen Autornamen. Für „Überwindung wirtschaftlicher Ungleichgewichte“ würde ich den Ehrentitel „Lautsprecher des Kapitals“ vergeben. Deutsch des Grauens ist das auch.

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Kommentare

23 Kommentare zu “Überwindung wirtschaftlicher Ungleichgewichte”

  1. FDominicus am April 16th, 2013 11:21 am

    In manchen Dingen sind Sie mehr als stur. Gewerkschaften haben sicherlich eines nicht erreicht eine „allgemeine“ Hebung des Wohlstandes. Aber sie können ja gerne versuchen mich vom Gegenteil zu überzeugen.

    Ich schlage Ihnen vor ein Buch von Henry Hazlitt
    The Conquest of Poverty

    zu lesen. Oder vielleicht bleiben Sie besser bei mit den größten Schlächtern in der Geschichte….

    Und das sich hier Kapitalisten in’s Fäuschten lachen kann nur ein feuchter Traum eines Sozialisten sein. Es zeigt aber leider, daß sie offenbar noch nie selber einen eigenen Betrieb hatten.

    Vielleicht sollte Sie mal einen Handwerker Ihres Vertrauens eine Zeitlang begleiten, am Besten einen mit nur ganz wenigen Angestellten idealerweise nur einem. Sie übernehmen „nur“ die Buchhaltung, Gehaltsabrechnung und machen selbst die Steuererklärung fertig. Und dann schauen wir mal, wie Sie das fänden…

  2. admin am April 16th, 2013 11:26 am

    Ich hatte knapp 20 Jahre lang einen eigenen Betrieb, inklusive Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer Berlin.

  3. Scorcher am April 16th, 2013 11:27 am

    „Tendenzieller Fall der Profitrate“ ist meiner Meinung nach ebenso eine Formulierung, mit der man die meisten Menschen jagen kann. Du selbst hast hier mal Schopenhauer zitiert: “Nichts ist schwerer, als bedeutende Gedanken so auszudrücken, dass sie jeder verstehen muss.” Ein Anspruch, an dem die meisten Marx-Exegeten scheitern, da sie das an sich Richtige nicht so erklären können, dass es selbst der Dümmste versteht.

  4. admin am April 16th, 2013 11:31 am

    Bei Marx ist Ökonomie noch Wissenschaft. In der Physik ist das nicht anders: spätestens bei den formeln zur allgemeinen Relativitätstheorie steigen die aus, denen auch der Begriff “Tendenzieller Fall der Profitrate” zu kompliziert ist.

    Es ist nicht meine Schuld, dass die Glaubensgemeinschaft Freier Markt aka „Volkswirtschaftslehre“ es geschafft hat, dass Ökonomie weniger seriös behandelt wird als das Wetter. Meteorologen arbeiten wissenschaftlich, Volkswirtschaftler nicht.

  5. hdschulz am April 16th, 2013 11:55 am

    „Bei Marx ist Ökonomie noch Wissenschaft.“
    Nö – Karl Popper läßt grüßen.

    “Tendenzieller Fall der Profitrate”
    Auch wissenschaftlich erarbeitet und seit 150 Jahren nachvollziehbar?
    Ach so, deshalb geht es dem gemeinen Proletariat heute so viel schlechter als damals. Q.e.d.

  6. Scorcher am April 16th, 2013 12:30 pm

    Die „Glaubensgemeinschaft freier Markt“ ist doch auch deshalb so dominant, weil ihr Geschwätz so griffig formuliert unters Volk gejubelt wird und sich leicht nachbeten lässt.
    Da liegt die Herausforderung. Es reicht nicht, den Leuten „Friss!“ rufend eine Ausgabe vom „Kapital“ vor die Füße zu werfen. Es braucht intelligente Leute, die sich erbarmen und aus ihrer akademischen Sphäre zu den Normalsterblichen herabsteigen, um ihnen „klar und angenehm“ den tendenziellen Fall der Profitrate zu erläutern. Meteorologen erklären im Abendprogramm ganz einfach, wie das Wetter wird – warum sollte das bei Marx nicht möglich sein?

  7. FDominicus am April 16th, 2013 12:50 pm

    Ok, und haben Sie sich in’s Fäustchen gelacht? Wieviele Angestellte hatten Sie, haben Sie Gehaltsabrechnungen und Steuererklärung selber gemacht? Ein bisschen mehr könnten Sie uns durchaus erzählen.

  8. admin am April 16th, 2013 2:12 pm

    hdschulz: Das Gesetz des tendenziellen Falls ist unter Marxisten umstritten. Vgl. Wikipedia zum Thema.

  9. hdschulz am April 16th, 2013 4:22 pm

    „Das Gesetz des tendenziellen Falls ist unter Marxisten umstritten.“
    Ach – und ich dachte, es sollte Wissenschaft sein.

  10. Michael am April 16th, 2013 5:00 pm

    Es gibt eine Sache, die ich bei den Amerikanern immer bewundert habe: Deren Fähigkeit hochprägnante und griffige Begriffe zu finden. Mein Lieblingsbeispiel: Statt „Abwanderung (potenzieller) Arbeitnehmer mit hohem Bildungsstand ins Ausland, was für die Zuwanderungsnation auf Externalisierung von Ausbildungskosten und möglicher Schädigung der Volkswirtschaft für das Abwanderungsland hinausläuft“ (na, auf Anhieb verstanden und in einem Atemzug ausgesprochen?) sagen die einfach „Brain-Drain“. Im Gegensatz zu Neusprech verschleiert das nicht den Sachverhalt, sondern hebt ihn schlaglichtartig hervor.

    Für den „Tendenziellen Fall der Profitrate“ haben die auch einen sehr schönen Begriff: Race to the Bottom. Genau das läuft wohl auch gerade zwischen de- und fr-Land ab und nicht nur da.

  11. admin am April 16th, 2013 6:41 pm

    @hdschulz: ach, in der Wissenschaft ist nichts umstritten?

  12. Herr Lehmann am April 17th, 2013 7:33 am

    Ach ja, die „Gewerkschaften“…sehe ich ständig beim Kampf gegen „Rechts“. Sicher ist der Kampf gegen Rechtsextremismus wichtig.
    Kernkompetenz von Gewerkschaften ist doch aber in erster Linie die Vertretung von Arbeitnehmerinteressen!?

  13. LinuxProfi am April 17th, 2013 9:05 pm

    Gewerkschaften? Ich denke das ist eine gute Beschreibung wie es nun damit aussieht:
    http://www.myvideo.de/watch/1819673/Sendung_mit_dem_Klaus_IG_Metall
    Schade was draus geworden ist.

  14. der Herr Karl am April 18th, 2013 7:53 am

    @admin
    Ich hatte 22 Jahre lang eine eigene Firma (Handel).

    Hier ein interessanter Kommentar dazu vom Altautonomen auf der Schrottpresse:
    „Da kokettiert jemand mit Anarchie, der selber einmal “eine Handelsfirma besaß und führte”, Wohnraum vermietet und tierliches Leben zerstört, um es aufzuessen. Seine Form herrschaftsfreier Gesellschaft? Köstlich…“

    http://schrottpresse.wordpress.com/2013/04/12/presseschredder-12-4-2013/#comment-1474

  15. ich am April 18th, 2013 8:25 am

    naja lieber Burks
    wenn du hier schon ständig den “Tendenziellen Fall der Profitrate” anführst, bedeutet dies doch, du hälst die Theorie für richtig.

    da kann man hdschulz nun nicht damit abspeisen, dass es in der (klugscheißerischen) Wissenschaft (ist das jetzt übrigens auch eine Person?? oder sollte man besser sagen ‚unter sog. Wissenschaftlern‘?) umstritten ist. das ist Phrasendrescherei als Sepp Herberger.

    und Scorcher hat ebenfalls recht: was beim Wetter geht, sollte auch für anderes möglich sein

  16. hdschulz am April 18th, 2013 10:01 am

    „@hdschulz: ach, in der Wissenschaft ist nichts umstritten?“
    o.k. falsch formuliert.
    Das „Gesetz“ des tendenziellen Falls wird unter Marxisten also teilweise anerkannt, wie die Unfehlbarkeit des Papstes teilweise unter Christen.
    Marxistische Ökonomie ist Wissenschaft, Theologie auch. Amen!

  17. admin am April 18th, 2013 12:26 pm

    @ich: so einfach ist es nicht. Das Gesetz bedeutet, dass die Profitrate konjunkturell und permanent fällt. Es gibt aber Tendenzen, die dem entgegenwirken. Umstritten ist unter Marxisten, ob das Gesetz „automatisch“ das System ruiniert. Ich sehe das nicht so. Marx übrigens IMHO auch nicht.

  18. Serdar am April 18th, 2013 7:37 pm

    Form ohne Inhalt. Oder wie sich deutsche Linke einen Marxismus ohne Klasse denken:

    http://rhizom.blogsport.eu/2013/04/17/form-ohne-inhalt-oder-wie-sich-deutsche-linke-einen-marxismus-ohne-klasse-denken

  19. hdschulz am April 19th, 2013 2:29 pm

    „Das Gesetz bedeutet, dass die Profitrate konjunkturell und permanent fällt.“
    Nanu – und das ist dann doch wieder ein unumstößliches „Gesetz“, und nur die blöde Realität mit ihren „Tendenzen“ verhindert, dass es wirksam wird? Dazu ein Zitat von Stephen W. Hawking: „In der Praxis widerstrebt es Menschen, eine Theorie aufzugeben, in die sie viel Zeit und Mühe investiert haben. Gewöhnlich stellen sie deshalb die Beobachtungen in Frage und versuchen die Theorie so abzuändern, daß sie zu den Beobachtungen paßt. Schließlich verwandelt sich die Theorie in ein schiefes und häßliches Gebäude.” Wie der Marxismus!

  20. admin am April 19th, 2013 2:47 pm

    Das Gesetz ist ja nicht falsch, aber es ist strittg, welche Konsequenzen sich daraus ableiten lassen. Die Gravitation ist ja auch ein Gesetz, trotzdem fallen Vögel nicht vom Himmel.

  21. hdschulz am April 19th, 2013 4:38 pm

    Nö – das Gesetz ist schlichtweg falsch, weil es nicht verallgemeinert werden kann. Es beschreibt einen Sonderfall. Um bei der Gravitation zu bleiben:
    Marx hat sein Gesetz so formuliert, dass auch Vögel und Fische in ihren Elementen abschmieren sollen.
    Tun sie aber nicht und die Ökonomie tut’s eben auch nicht.

  22. admin am April 19th, 2013 5:10 pm

    @hdschulz: ich werde mich ja ah hier noch nmal ausführlich damit beschäftigen. Lese grad noch mal Heinrich, der mich aber nicht überzeugt
    http://de.wikipedia.org/wiki/Gesetz_des_tendenziellen_Falls_der_Profitrate

  23. hdschulz am April 21st, 2013 9:50 am

    „ich werde mich ja ah hier noch nmal ausführlich damit beschäftigen.“
    Laß es lieber, die Zeit ist zu kostbar, um in modrigen Kopffehlgeburtengruften zu graben.

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