Entspanntes Umfeld der Konjunkturchefs

Handelsblatt Online: „‚Mittlerweile haben wir die unbegrenzte Haftung über die EZB. Das schmälert die Bedeutung der kommenden Entscheidung‘, sagte der Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts, Kai Carstensen.“

Wer etwas über die kapitalsitische Ökonomie wissen will, darf nicht die ahnungslosen Politiker fragen, sondern muss darauf hören, was die Lautsprecher des Kapitals von sich geben, auch wenn die zum Teil unterschiedliche Interessen haben.

Solange alles gut geht, agiert die Konkurrenz, wie sich bei der Ausgleichung der allgemeinen Profitrate gezeigt hat, als praktische Brüderschaft der Kapitalistenklasse, so dass sie sich gemeinschaftlich, im Verhältnis zur Größe des von jedem eingesetzten Loses, in die gemeinschaftliche Beute teilt. Sobald es sich aber nicht mehr um Teilung des Profits handelt, sondern um die Teilung des Verlustes, sucht jeder soviel wie möglich sein Quantum an demselben zu verringern und dem andern auf den Hals zu schieben. (Karl Marx: Das Kapital, Bd. III)

Das Handelsblatt sagt uns also, worauf es für Kapitalisten ankommt:

Deutschland verdient auch nach dem Beschluss der EZB für einen Kauf von Staatsanleihen der Euro-Krisenstaaten Geld beim Schuldenmachen. Die Versteigerung von Schatzanweisungen mit sechsmonatiger Laufzeit spülte 3,4 Milliarden Euro in die Staatskassen, wie die mit dem Schuldenmanagement des Bundes betraute Finanzagentur am Montag mitteilte. (…) Deutschland profitiert in der Schuldenkrise von seinem Status als sicherer Hafen. Die Kreditwürdigkeit wird von den drei großen Ratingagenturen mit der Bestnote AAA bewertete. Anleger sind deshalb bereit, auf Rendite zu verzichten oder sogar eine Prämie zu zahlen, um ihr Geld sicher parken zu können.

Noch Fragen? Ich höre immer „Krise“. Welche Krise?

Ich zitiere noch einmal mich selbst:
Die finnische Regierung möchte also auch nicht, dass die Europäischen Zentralbank (EZB) Staatsanleihen – also known as „Schuldtitel“ also known as „Wertpapiere“ – kauft. Mit guten Grund: Das ist der EZB verboten. Wir lesen gemeinsam den „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“, Artikel 123:
Überziehungs- oder andere Kreditfazilitäten bei der Europäischen Zentralbank oder den Zentralbanken der Mitgliedstaaten (im Folgenden als „nationale Zentralbanken“ bezeichnet) für Organe, Einrichtungen oder sonstige Stellen der Union, Zentralregierungen, regionale oder lokale Gebietskörperschaften oder andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentliche Unternehmen der Mitgliedstaaten sind ebenso verboten wie der unmittelbare Erwerb von Schuldtiteln von diesen durch die Europäische Zentralbank oder die nationalen Zentralbanken.

Es geht also, sehr geehrter „Konjunkturchef“ (auch bekannt als „Oberster aller Schamanen und Kaffeesatzleser“) Carstensen, gar nicht um Gesetze. Auf die hat das Kapital schon immer gepfiffen. Legal, illegal, scheißegal – nur der Profit zählt.

Es geht vermutlich eher darum, wer dafür zuständig ist, sich darüber zu beschweren, dass die Entscheidung illigeal ist, die europäische Zentralbank möge direkt Staatsanleihen kaufen und den Finanzhaushalt der am Tropf der deutschen und französischen Banken hängenden Länder mit der Notenpresse zu finanzieren. Das können nur Regierungen tun. Die aber werden den Teufel tun, sich selbst des Rechtsbruchs zu bezichtigen.

Das Bundesverfassungsgericht kann darüber gar nicht entscheiden.

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