Wissenskommunismus und Informationsallmende
„Programmatisch stecken die Piraten in den Kinderschuhen, und im politischen Spektrum sind sie noch nicht recht verortbar.“ Das schreibt Spiegel Online über die Piraten. Das ist falsch und auch symptomatisch für den Abwehrreflex deutscher Holzmedien auf alles, was mit dem Internet zu tun hat.
Die Piraten haben natürlich schon lange ein Programm. Wer lesen kann, ist also klar im Vorteil. Ein Teil ihres Programms ist zum Beispiel, dass sie „nicht recht verortbar“ sind. (Herrje, was ist denn „verorten“ für ein scheußliches Unwort! Das ist grauenhaftes Deutsch und kommt gleich nach „andenken“ und „vermelden“, Worte, die auf wichtigtuerisches Gespreize des Schreibers hinweisen.)
Ich zitiere mich selbst:
Wer ein Stück aus der heiligen Kuh schneiden will, stellt in den Augen der Herrschenden die Systemfrage, auch wenn es gar nicht so gemeint war – wie bei Spartakus, der das Recht auf Privateigentum an Sklaven missachtete oder den schlesischen Webern, die die Produktionsmittel des Eigentümers zerstörten. Der Strick des Henkers, das Peloton oder das Zuchthaus sind die logische Konsequenz. Wer das Urheberrecht anzweifelt, wäre früher als Kommunist beschimpft worden und in Störtebekers Zeiten als „Likedeeler“ – als jemand, der etwas mit anderen einfach „gleichteilt“, obwohl er die Rechte an der Beute hat
Wer das Pirateneigentum Privateigentum antastet, steht zwar in einer linken Tradition; die „kommunistische“ Idee ist jedoch viel älter als die Kategorien „links“ und „rechts“ im politischen Deutschland. Die Allmende ist nur ein Beispiel.
Programmatisch stecken die Piraten also mitnichten in Kinderschuhen, sondern ihr Programm ist mindestens so alt wie der Wissenskommunismus des US-amerikanischen Soziologen Robert K. Mertons.
Kommentare
9 Kommentare zu “Wissenskommunismus und Informationsallmende”
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„Wer das Pirateneigentum antastet“, Autocorrect oder was soll das sein?
Words come easy:
Wie wäre es mit Onlinekommunikanismus. Da ist alles drin. Das mittlerweile übervolle Internet, Kommunikation, Kommunismus, Amerikanismus, Kan(t)ismus, Pirat(ismus), Kommismus(muss widerlich schmecken), Kommune, Kanismus (für Hundefans) und die religiöse Variante des Ommismus, Unikanismus, die Campusversion und zu guter Letzt komm online, Mus. Onli Muni kani komm ne, mus ni komm, braucht auch ni komm, denn nikan is mus und komm t ni online. Schade eigenlich.
tshuldigung: eigen(t)lich mus te es heißen.
;-)… keine Angst vor Fehlern, bruhihi.
Piratenprogramm BUND:
Präambel
„Im Zuge der Digitalen Revolution aller Lebensbereiche sind trotz aller Lippenbekenntnisse die Würde und die Freiheit des Menschen in bisher ungeahnter Art und Weise gefährdet……“
Demnach müßte der Homo sapiens direkt von der Höhle ins World Wide Web übergesiedelt sein, ohne daß unterwegs irgend etwas die Würde und Freiheit Gefährdendes vorgefallen wäre; und die schwerste Menschenrechtsverletzung, die sich etwa das iranische Regime in jüngster Zeit hat zuschulden kommen lassen, war aus dieser Sicht vermutlich das Lahmlegen des Internets.
Ansonsten: „Demokratie, Gewaltenteilung, Parlamentarismus, Vollbeschäftigung“………und und und, der ganze sozialdemokratische, systemkonforme Plunder eben.
Und dann muss man sich mal diesen Satz semantisch auf der Zunge zergehen lassen:
„Wir wollen Armut verhindern, nicht Reichtum.“
Hingegen passt: „…“Programmatisch steckt die FDP in der Altersdemez, und im politischen Spektrum ist sie praktisch nicht mehr verortbar.”
(Warum dauerts nur so lange bis zur nächsten Wahl?)
ja, die Silbe „ver“ verschleiert oft. Da dauert es dann länger, bis Wahrheiten dem Nebel entkommen können. Dann aber meist plötzlich und mit karthatischen Folgen: Hätte man doch gleich richtig gehört, gelesen, verstanden. Aber wer kann das schon. In den Armen der Lüge schlumert es sich soo schön.
Piraten, sind der Versuch die Unzufriedenen einzufangen und still zu stellen.
Wie lange wirds die wohl geben?
Also unendlich lange :-) Unzufriedene wird es immer geben.
Bis die Unzufriedenen merken das sie nur stillgestellt werden und nix bewirken.