Die Wacht am Rhein: Pornografie gefährdet die öffentliche Sicherheit

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Eine Pressemeldung des Ministeriums der Justiz Rheinland-Pfalz: „Die Landeszentrale für Medien und Kommunikation wacht insbesondere darüber, dass private Anbieter pornographischer Internetseiten das Jugendschutzrecht beachten. In der Vergangenheit stellte sie immer wieder fest, dass solche Anbieter ihre Niederlassungen zum Schein ins Ausland verlegten, um sich den Kontrollen zu entziehen. Die Landeszentrale holte daher ein Gutachten zu der Frage ein, wie sie solche Umgehungsversuche aufdecken und die betroffenen Anbieter verfolgen könne. Dieses Gutachten wurde zur Grundlage zahlreicher Ordnungswidrigkeitenverfahren. Der Kläger, ein Rechtsanwalt, beantragte, ihm das Gutachten zugänglich zu machen.“

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz hat nun entschieden, dass dieses Gutachten weiterhin geheim bleiben darf. Die Begründung hat es in sich:

„Zwar finde das Landesinformationsfreiheitsgesetz, welches dem Bürger einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gewähre, auch auf die beklagte Landeszentrale Anwendung. Diese habe eine Herausgabe des Gutachtens dennoch zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit ablehnen dürfen. Der Kläger berate zahlreiche Mandanten aus der Erotikbranche. Es sei daher zu befürchten, dass das Gutachten über den Kläger auch den betroffenen Internetanbietern bekannt werde. Diese könnten das so erworbene Wissen nutzen, um neue Verschleierungsstrategien zu entwickeln. Die Durchsetzung eines wirksamen Jugendschutzes im Internet werde hierdurch in Frage gestellt.“

Jemand, der Porno-Websites anbieten und sich dem klostertauglichen deutschen Jugend“schutz“ entziehen will, wird vermutlich seine Domains nicht in Deutschland registieren lassen, sondern etwa bei godaddy.com. Wenn ich also verrate, dass die hiesigen Jugendschutzwarte dann nicht mehr herausfinden können, wem die domain gehört, gefärhde ich die öffentliche Sicherheit.

By the way: Jugend“schutz“ wirkte noch nie, und schon gar nicht im Internet. Und Pornografie ist nicht schädlich für Jugendliche. Das sagen Wissenschaftler. alles klar sowiet? Puls und Atmung noch normal, Herr und Frau Jugendschutzwart?

Ich zitiere mich selbst vom 20.03.2010: „Das weiß doch jeder. Aber der so genannte „Jugendschutz“ in Deutschland dient bekanntlich nicht dem Schutz der Jugend, sondern ist ein probates Mittel, auf der kulturellen Basis puritanischer Moraltheologie Geld abzuzocken.“

Screenshot: Eine Porno-Website irgendwo „im Netz„. Hätten Sie’s gewusst?

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Kommentare

One Kommentar zu “Die Wacht am Rhein: Pornografie gefährdet die öffentliche Sicherheit”

  1. Finkeldey am September 25th, 2010 3:32 pm

    http://www.pappa.com/mmdm/disk1197.htm

    (Anmerkung: Man muss pappa.com nicht lieben. Ich finde die auch problematisch. Hier aber handelt es sich einfach um die Dokumentation eines Fachgesprächs aus Diskurs 1/97.)

    Hochinteressant!

    Daraus: „Erzieherinnen agieren dann als Ermittlerinnen, Presse als Gericht, Eltern als Verbrecherjäger, ängstliche Menschen als Sexualerzieher, Sensationslüsterne als Kriminologen usw. Solche Diskussionen haben manchmal eine atemberaubende kriminalpolitische Niveaulosigkeit, die stark damit zusammenhängt, daß sich Menschen völlig bedenkenlos in andere Berufsfelder hineinbegeben und offensichtlich die Meinung haben, sie bräuchten sich nichts groß an Vorwissen anzueignen. Daß man betroffen oder zumindest sehr engagiert ist, reicht vermeintlich als Kompetenz. Das geht bis hinein in den journalistischen Bereich. Experten und Scheinexperten werden funktionalisiert als „Briefbeschwerer“ für eine zu veröffentlichende Meinung. Wenn Sie fragen, was an Ausbildung notwendig ist, glaube ich, die zwei ersten Knackpunkte sind, daß viele Einrichtungen ihre Selbstdarstellung, mit der sie ihre Geldmittel beschaffen wollen, verwechseln mit der inhaltlichen Arbeit. Das heißt, was als Öffentlichkeitsarbeit gemacht wird, ist in Wirklichkeit häufig Selbstdarstellung. Und das zweite ist: Über den Betroffenheitsansatz darf eigentlich jeder oder jede „fachlich“ mitreden, selbst psychisch instabile Menschen. Das Niveau der Aus- und Fortbildung ist meines Erachtens sehr schlecht.“

    und:

    „An den öffentlichen Kampagnen läßt sich eine Grundschwierigkeit des öffentlichen Diskurses über Mißbrauch, Sexualität und Gewalt in der Gesellschaft deutlich zeigen. Denn auf der einen Seite handelt es sich um einen Sachverhalt, der so schrecklich ist, daß er den Impuls zu einer effektiven und schnellen Intervention erregt, auf der anderen Seite aber ist er aber so komplex, daß, wenn man diesem Impuls nachgibt, ganz leicht kontraproduktive Effekte eintreten. Ich finde das wichtig, um die Problematik des Umgangs, insbesondere des politischen Umgangs damit im Blick zu behalten. Daher ist die Auseinandersetzung um die Zahlen auch nicht lediglich ein methodisches Problem. Maßgeblich für den öffentlichen Umgang und damit für den politischen Stellenwert ist Suggestion der Epidemie, der ungreifbaren Gefahr, und sie beeinflußt das Herangehen an das Problem.“

    und vor allem:

    „In der Diskussion über den „Mißbrauch mit dem Mißbrauch“ gibt es Fronten mit Denkverboten, auch politische Fronten. Und es geht neben Meinungshoheiten manchmal auch um Arbeitsplätze. Es ist mir bei Einladungen von engagieren Frauen zu Vorträgen schon passiert, daß mir offen gesagt wurde: „Also, Herr Baurmann, wenn Sie den Vortrag halten, nicht daß da Zahlen kommen, die das erdrückende Ausmaß in Frage stellen, denn wir haben gerade einen Förderungsantrag laufen.“ Da läuft etwas schief.“

    noch Fragen?

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