Pompejis Fresken 2.0

FreskenFresken

Neulich bin ich bzw. mein Avatar in eine Villa mit altrömischen Fresken geraten. Der Eigentümer ist übrigens ein Hesse aus Frankfurt am Main, der das Grundstück neben meinem Strand in Cymric besitzt (alles nur virtuell natürlich).

Das Portrait auf der Vase (linker Screenshots ganz rechts) erinnerte mich vage an etwas. Dann dämmerte es mir: Die Fresken von Pompeji. Hach, wieder humanistisch gebildet gewesen. Aber es stimmt noch nicht ganz: Das berühmte Ehepaar, das vor knapp zwei Jahrtausenden lebte und dennoch sehr lebendig aussieht, war es nicht. Oder doch? Als ich das Bild seitenverkehrt ansah – heureka: Die Dame war es, nur eben horizontal gedreht. Schönes Rätsel. Die großen Fresken (rechter Screenshot) kenne ich nicht. Aber vielleicht die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser?

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Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana

Eco

Ich habe Umberto Ecos Buch „Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana“ nicht zu Ende gelesen – es war mir am Schluss schlicht zu langweilig,

Ja, eine typisch europäische erhabene Langeweile, die trieft vor humanistischer Bildung und eitler Selbstbespiegelung. Ein alter Mann rekonstruiert seine Kindheit und Jugend anhand der (Trivial)Literatur, die er damals gelesen hat und würzt das mit zwei, drei Geschichten, die man mit gutem Willen als einigermaßen spannend bezeichnen könnte. Nicht schwer zu erraten, dass es sich um eine Art Autobiografie des gehobenen Bürgertums handelt. Kein Kind eines Landarbeiters oder Proletariers hätte sich das alles kaufen können, woran sich der Held Yambo erinnert. Das Leben findet, wie zumeist bei Eco und seinen deutschen Pendants wie Walser in dem Milieu statt, in dem auch der Autor lebt. Das heißt: Es findet rein und pur gar nicht statt.

Gegenbeispiele? Hemingway, Jack London, Steinbeck, John Updike, auch meine Lieblingsschriftstellerin Joyce Carol Oates; ich zähle auch Chandler zur großen Literatur. Ecos Buch ist eines der Werke, die Oberstudienräte im Regal stehen haben müssen, weil man sich zu Weihnachten gegenseitig Bildung schenkt. Ich glaube, Eco ist für mich als Schriftsteller abgehakt. Er hat offenbar sein Pulver verschossen. By the way: Wer auch nur einen der von mir oben erwähnten Autoren nicht kennt, ist ein Banause.

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Erwischt!

Ajax

Tölchen aka Ajax vom Teufelslauch auf verbotenem Raubzug in unserer Küche.

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ExitReality | 3D-Browser

ExitRealityExitReality

ExitRealityExitReality

Die Zukunft des Internet ist 3D. Virtuelle Welten gibt es schon, aber alle benötigen eine eigene Zugangssoftware. Solange Suchmaschinen zum Beispiel Second Life nicht indizieren, bleiben WWW und 3D-Welten getrennt. Bis jetzt.

Die Australier haben jetzt eine – wie ich meine – revolutionäre Erfindung gemacht – 3D als Browser-Plugin. Durch einen Artikel auf msn.com wurde ich auf ExitReality aufmerksam. Von den relevanten deutschen Medien hat bisher nur Bild.de berichtet („Das begehbare Internet“). (Screenshots auf SLTalk.de) Auf dem ExitReality-Blog steht: „Now your webpage is in 3D, you can customize your 3D space with objects and themes from the ExitReality search engine, located in the Dashboard.“ Das wäre etwas Neues, obwohl das in der Vergangenheit schon mehrfach versucht wurde.

Ich musste zum Testen einen uralten Windows-Rechner aktivieren, dessen Grafikkarte knarrte und ächzte. Für Linux und Mac gibt es das Browser-Plugin nicht. Den IExplorer hatte ich auch seit Jahren nicht mehr benutzt – aber immerhin funktionierte es, wenn ich die Sicherheitseinstellungen auf Null stellte (ActiveX erlauben, Javascript erlauben undsoweiter). Bei mir lief es nicht so flüssig wie in den YouTube-Videos zu ExitReality. Der Avatar lässt sich sowohl mit der Maus als auch mit den Tasten steuern, jedoch kann man nicht mit einer Kamera herumzoomen und ihn von allen Seiten betrachten wie in Second Life. Auch sind seine Bewegungen sehr einseitig. Die Grafik erschien mir recht ordentlich und auf den ersten Blick nicht schlechter als bei Twinity.

Im Vergleich zu den Möglichkeiten von Second Life ist ExitReality aber grottenmäßig. Der Avatar hat kaum etwas zu tun. So langweilig stelle ich mir auch Googles Lively vor. Dafür funktioniert 3D jetzt nur mit dem Browser – und immerhin auch mit älterer Hardware. Das hat was. Die Schlagzeilen in internationalen Medien sind dementsprechend interessant, zum Beispiel: „ExitReality turns Web sites into 3D sandboxes“ (cnet.com).

Leider habe ich vergessen auszuprobieren, was zu sehen ist, wenn ich burks.de in 3D aufrufe. Auf der Startseite von ExitReality gibt es eine Maske zum Eingeben eines beliebigen URLs. Aber das können die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser tun und mir Screenshots schicken (vermutlich ist gar nichts zu sehen.). Falls das PlugIn mit Linux funktionierte, wäre ich der Erste, der Burks‘ Blog zu einer virtuellen Welt ausbaute. Warten wir’s ab. Vielleicht demnächst mehr in diesem Theater.

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Marienkirche

MarienkircheMarienkirche

Da ich heute zum Hackeschen Markt musste, bin ich kurz in die reale Marienkirche am Alexanderplatz gegangen. Ich hatte für ein kirchliches Online-Portal eine kurze Geschichte über die virtuelle Marienkirche in Second Life und ein wissenschaftliches Projekt der Evangelischen Kirche dazu verfasst und war neugierig geworden. Die reale Marienkirche ist innen häßlich, außen jedoch viel ansehnlicher als ihr virtuelles Ebenbild.

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Der Trojaner-Hoax, die Wasweissichwievielte

Online-DurchsuchungIn Telepolis lese ich in einem Interview mit Rechtsanwalt Dr. Fredrik Roggan: „Dass Online-Durchsuchungen in der Vergangenheit aber anderweitig ohne Rechtsgrundlage durchgeführt wurden, steht zweifelsfrei fest.“

Ach ja? Ich wäre doch sehr gespannt, welche Fakten dafür vorgebracht werden können. Dass es keine Rechtsgrundlage gab, in Bayern schon gar nicht, mag unstrittig sein. Aber es gab bisher auch keine real existierenden „Online-Durchsuchungen“.

Mit dem Thema ist es ähnlich wie mit dem Gottesbeweis. Nicht die Atheisten müssen beweisen, dass es keinen Gott gibt, sondern die Verehrer höherer Wesen, dass es einen gibt. Erfreulicherweise kann man an der Chronologie der Medienberichte zweifelsfrei nachweisen, dass alle voneinander abgeschrieben haben und die These, es habe „Online-Durchsuchungen“ im Sinne Schäubles und Zierckes gegeben, schlicht frei zusammengefaselt wurde. Ich darf eine kurze Passage unsere Buches Die Online-Durchsuchung als Appetizer zitieren? (Erscheint am 29. diesen Monats)

Online-Durchsuchung zum Aussuchen
Sueddeutsche.de (07.12.2006): „‚Es gab bereits Einzelfälle in Strafverfahren, bei denen richterlich angeordnet solche Durchsuchungen stattgefunden haben’‘, sagt Dietmar Müller, Pressesprecher des BKA in Wiesbaden. Das Verfahren sei relativ neu und erfolge ausschließlich in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft und mit richterlichem Beschluss. Aus “ermittlungstechnischen Gründen‘‘ könne Müller nicht sagen, wie die digitale Spionage technisch funktioniert.“
Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan Korte, Petra Pau, Kersten Naumann und der Fraktion Die Linke (22.12.2006, Drucksache 16/3787):
„Seit wann wenden deutsche Sicherheitsbehörden das Instrumentarium des ‚heimlichen Abziehens von Daten auf fremden Computern mittels spezieller Software“ (Online-Durchsuchung) an?“ – „Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über in Ermittlungsverfahren durchgeführte Online-Durchsuchungen vor.“
Heise Newsticker (25.04.2007): Bundesregierung gibt zu: Online-Durchsuchungen laufen schon.
„Zur Anzahl der bisher durchgeführten verdeckten Netzermittlungen gab die Bundesregierung keine Auskunft. Dem Vernehmen nach gibt es aber noch Probleme bei der praktischen Durchführung der Online-Durchsuchungen. So soll von Regierungsseite beklagt worden sein, dass so viele Daten gesammelt worden seien, dass man ihrer nicht Herr habe werden können.“
Tagesschau.de (27.04.2007): „Seit 2005 haben deutsche Geheimdienste nach Angaben des Bundesinnenministeriums knapp ein Dutzend Privatcomputer heimlich via Internet durchsucht.“
Tagesschau.de (28.04.2007, Wolfgang Wieland im Interview): „Wir gehen auch davon aus, dass das noch nie richtig geklappt hat. Es gab technische Schwierigkeiten. Das Einschleusen hat nicht geklappt..“
Spiegel Online (09.07.2007, Wolfgang Schäuble im Interview): SPIEGEL: „…wie etwa die heimlichen Online-Durchsuchungen zeigen. Die haben die Sicherheitsbehörden ohne gesetzliche Grundlage jahrelang angewandt. Schäuble: Moment. Es gab einen Anwendungsfall im Inland.“
Focus Online (05.01.2008): „Reda Seyam klickte laut FOCUS die getarnte E-mail der Verfassungsschützer an und aktivierte so die erste und bislang einzige Online-Durchsuchung in Deutschland.“
Bundesverfassungsgericht (27.02.2008): „Vereinzelt wurden derartige Maßnahmen durch Bundesbehörden bereits ohne besondere gesetzliche Ermächtigung durchgeführt. Über die Art der praktischen Durchführung der bisherigen ‚Online-Durchsuchungen‘ und deren Erfolge ist wenig bekannt. Die von dem Senat im Rahmen der mündlichen Verhandlung angehörten Präsidenten des Bundeskriminalamts und des Bundesamts für Verfassungsschutz haben mangels einer entsprechenden Aussagegenehmigung keine Ausführungen dazu gemacht.“
Spiegel Online (01.03.2008): „Die beiden bekannten Fälle von Online-Durchsuchungen wurden gegen den Berliner Islamisten Reda S., der gute internationale Kontakte in die Dschiahd-Szene [sic] unterhält, und einen Iraner geführt, der der Proliferation verdächtigt wurde.“

Aber weil Juristen den Journalisten irrig über den Weg trauen, ist der Hoax aus der Mediensphäre in die juristische Fachliteratur eingesickert. By the way: Ich habe beim Verlag das Buch Roggans „Online-Durchsuchungen“ angefordert bzw. ein Rezensionsexemplar. Es ergab sich folgende hübsche Korrespondenz:

xxxxx@bwv-verlag.de schrieb:
> Haben Sie bitte Verständnis, dass wir Rezensionsexemplare nur abgeben
> können, wenn uns eine feste Besprechung mit genauer Angabe der
> Zeitschrift, in der die Besprechung aufgenommen wird, genannt wird.

Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, dass es auch freie Journalisten gibt, die vorab nicht sagen bzw. bestimmen können, wo eine Rezension erscheint. Aber dann rezensiere ich das Buch „Online-Durchsuchungen“ eben nicht. Sie werden sicher zahllose festangestellte Redakteure kennen, deren Redaktionen das Buch anfordern und sachkundig besprechen
werden.

Mit freundlichen Grüßen
Burkhard Schröder

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Ausgewählter Abriss des Palastes der Republik

Palast der Republi

Das war einmal der Palast der Republik. Warum sie den Abriss „Selektiver Rückbau“ nennen, verstehe ich nicht. Wenn schon Nazi-Sprache, dann auch „Selektive Durchführung des Rückbaus“. So hätten wir noch den typischen DDR-Nominalstil sprachlich dokumentiert.

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Gueffroy | Mauerweg

GueffroyTölchen

Gestern habe ich mit Tölchen aka Ajax vom Teufelslauch einen mehrstündigen Spaziergang untenrommen. Das Hundchen ist bekanntlich ein Jagdhund und müsste mindestens fünf Kilometer am Tag rennen, um sich wohl zu fühlen. Zum Fahrradfahren war es zu nass, und unser Auto muss erst noch durch den TÜV, bevor ich es nutzen kann. Also ging ich zu Fuß zum Britzer Verbindungskanal und zum Berliner Mauerweg in Treptow. Die Strecke ist auch ideal zum Joggen. Das Denkmal für Chris Gueffroy steht hier. (Ich empfehle übrigens den Wikipedia-Eintrag zur Lektüre unter dem Aspekt: „Wie wurden die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen?“). Die Tür zur Autobahn ist ungefähr hier. Tölchen muss übrigens jetzt nicht mehr an der Leine laufen, auch nicht in der Stadt. Er gehorcht aufs Wort und geht brav bei Fuß oder in der „grünen Zone“, die rund fünf Meter im Umkreis von Frauchen oder Herrchen beträgt.

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Schleichfahrt | Danger from the Deep

submarinesubmarinesubmarine

Heute habe ich eine erstklassige Entschuldigung dafür, Screenshots aus Second Life zu präsentieren, statt die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser mit hoher Politik und anderen schönen Dingen zu behelligen. Wenn ich schon Danger from the Deep auf meinem Rechner nicht zum Laufen bekomme, will ich wenigstens meinem Avatar das U-Boot-Fahren gönnen. Der sitzt in dem Submarine, steuert es und könnte, falls ein anderes U-Boot gleichen Modells auftauchte, sogar Torpedos abschießen und es versenken. Aber offenbar hat niemand außer mir in Second Life ein U-Boot, oder die schwimmen gerade auf anderen Ozeanen herum.
burks@master:~$ dangerdeep
dangerdeep: error while loading shared libraries: libSDL_net-1.2.so.0: cannot open shared object file: No such file or directory

Was schreibt mir der Entwickler (übrigens erfreulicherweise auch ein Mitglied der GPF): „Dir fehlt die libSDL. Unter Ubuntu bitte bitte mit „sudo apitude install libsdl-net“ nachinstallieren. Wahrscheinlich fehlt Dir dann libsdl-mixer ebenfalls.“
Habe ich gemacht. Hilft aber nix. Arrgh.

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Tölchen macht den Larry

Ajax

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Gericht: TK-Anbieter muss Vorratsdatenspeicherung nicht umsetzen

Heise.de meldet: „Das Verwaltungsgericht Berlin hat in einer einstweiligen Verfügung entschieden, dass die Verpflichtung zur verdachtslosen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten ohne Entschädigung angesichts der hohen Investitionskosten für die Überwachungsmaßnahme unverhältnismäßig ist. Die mit der Klage einer Tochter einer ausländischen Telekommunikationsfirma befasste Kammer vertrat somit die Ansicht, dass die Auflagen für die sechsmonatige Protokollierung der Nutzerspuren in ihrer jetzigen Form verfassungswidrig sind. Sie befreite die Klägerin daher bis auf Weiteres von der Umsetzungspflicht.“

In der Pressemitteilung des Gerichts, die heise.de leider aus unerfindlichen Gründen nicht verlinkt hat, heißt es: „Die 27. Kammer des VG Berlin hat in einer Entscheidung vom heutigen Tage das Klageverfahren eines Telekommunikationsanbieters ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Kammer sieht einzelne Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar an. (…) Die Kammer, die schon in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren im November vergangenen Jahres der Beklagten untersagt hatte, gegen die Klägerin Maßnahmen wegen mangelnder Umsetzung der beschriebenen Verpflichtung zu ergreifen (vgl. Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Berlin Nr. 40/2007), hielt diese entschädigungslose Heranziehung der Klägerin zur Übernahme der genuin hoheitlichen Aufgabe der Überwachung von Telekommunikation im Rahmen der Strafverfolgung für einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte der Klägerin auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG) bzw. auf Eigentum am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG).“

Nachtrag: Ich habe mich mit dem Link geirrt. Er bezieht sich nicht auf den obigen Sachverhalt. Eine Presseerklärung zum Fall gibt es noch nicht online. Auch Heise.de hat ein Update gemacht.

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This way out | Die taz und Second Life

Avatar

Heute, liebe wohlwollende Leserin und lieber geneigter Leser, widmen wir uns dem Journalismus an sich, wie er nicht sein sollte und wie man ihn bei der taz studieren kann. Leider müssen wir, obwohl es für das Stammpublikum zum Erbrechen ist, wieder die berüchtigte 3D-Welt Second Life als pädagogisch wertvolles – in diesem Fall abschreckendes Beispiel nehmen. (Außerdem kann man das Thema so schön bebildern.) Anlass: Der Artikel vom 22.09.: „Pleitewelle in ‚Second Life'“. Der Autor ist Dietmar Kammerer, Kulturwissenschaftler und Filmkritiker, der auch ein kluges Buch geschrieben hat, dessen Klappentext sich interessant anhört.

Avatare

Vermutlich, und damit beginnt meine Nörgelei, besitzt er keinen Avatar und hat auch nicht in Second Life recherchiert. Der Screenshot, der seinen taz-Artikel bebildert, stammt von dpa, was uns lehrt, das niemand in der taz in der Lage war, selbst ein aussagekräftiges Bild beizusteuern. Was wiederum eine gewisse Aussagekraft hat. Und siehe da: Die taz gibt sogar zu, dass es sich beim dem Text um kein Produkt journalistischer Recherche handelt, sondern um bloßes Abschreiben aus der Wrtschaftswoche: „Philip Rosedale – Dem Second-Life-Gründer laufen die Kunden davon“, heißt es da. So kommen ohnehin die meisten Artikel zustande. Ich könnte jetzt versuchen, den taz-Text umzuschreiben und den der FAZ oder einer anderen Zeitung anzudrehen. Aber dazu bin ich zu blöd – ich bin kein Kulturwissenschaftler, sondern nur gelernter Altgermanist und blogge ein bisschen.

Avatar

„In ‚Second Life‘, dem Tummelplatz für Leute, die ihr erstes Leben lieber vor dem Rechner verbringen, hat die Pleitewelle nun Dimensionen angenommen“, schreibt Kammerer. Schön, dass man dämliche Vorurteile nicht nur am Stammtisch hört, sondern sie in einer vormals „alternativen“ Zeitung nachlesen kann. Die taz ist offenbar ein Tummelplatz für technikfeindliche Journalistik-Azubis, die ihre Texte lieber aus der Wirtschaftswoche übernehmen als die Fakten selbst zu überprüfen. Es geht munter so weiter: „Mark Kingdon, Vorsitzender des Second Life-Erfinders Linden Lab, sieht die Schuld für den massenhaften Exodus im Medienhype, der um die Web-Welt entstanden war. Für einen echten Belastungstest sei Second Life noch unausgereift. ‚Ich empfehle Geschäftsleuten, eher abzuwarten‘, vertraute er dem Focus an.“ Dem Focus. Das ist fast aktuell – der betreffende Artikel (die taz weiß nicht, was Links ins Internet sind) stammt vom 09. Juli. Auch Burks‘ Blog berichtete. Der aktuelle Anlass kann das Interview eigentlich nicht sein. Google hat die Recherche offenbar komplett ersetzt.

Second Life

„Von den weltweit 15 Millionen registrierten Nutzern besuchen nur ein Bruchteil regelmäßig die bunte Inselwelt. Die meisten User melden sich kostenlos an, sehen sich in der optisch eher reizarmen Umgebung um, kommen mit der komplizierten Steuerung nicht zurecht und verabschieden sich auf Nimmereinloggen.“ Ach ja. Haben wir das Fakten, gar eine empirische Basis? Mitnichten. Der Autor faselt einfach irgendwelchen Blödsinn, den er sich nach dem Motto „Die Welt als Wille und Vorstellung“ kulturpessimistisch zusammenerfunden hat. Ein Besuch der Website von Second Life reichte aus, um sich sachkundig zu machen, zum Beispiel in der Rubrik economic statistics: 500.000 aktive Nutzer pro Woche, insgesamt 15 Millionen Avatare (nicht Nutzer – man kann auch mehrere Avatare besitzen). Es ist auch falsch, dass nur 50 Avatare gleichzeitig an einem Ort sein können. Hätte der Autor Links zu seinen (nicht vorhandenen) Quellen gesetzt oder setzen müssen, wäre der Quatsch gleich ersichtlich. Das kommt davon, wenn man sich dem „Online-Journalismus“ störrisch und belehrungsresistent wie ein Lehrer verweigert.

Avatar

Ach ja, es gebe Konkurrenz. Die taz schafft es aber nicht, Twinity richtig zu schreiben und vergisst – nur was die Nutzerzahlen angeht – die einzigen ernst zu nehmenden Konkurrenten – Lively und HiPiHi. Was der Autor eigentlich mitteilen will und die Moral von der Geschicht‘ haben sich mir nicht erschlossen. Vielleicht musste man nur das Blatt vollkriegen. Ich empfehle: Schreibt doch beim nächsten Mal einfach aus Burks‘ Blog ab. Auch die hiesigen Screenshots dürfte die taz gratis verwenden – bei ordentlicher Quellenangabe. Dann wäre die taz beim Thema Second Life nicht mehr so optisch und faktisch reizarm.

Screenshots: „Orientation Island“ von Linden Lab in Second Life (1,2), die SIM Cymric (Burks‘ kleines Dampfboot vor der Küste, Mitte, und Burks‘ Strand beim Sonnenaufgang, unten), Hanja Welcome Area, Hangeul, in der Mitte Burks‘ Spinner (2. von unten).

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Webcam Unna Alter Markt

Unna

Meine Heimatstadt Unna in Westfalen hat eine Webcam auf dem Alten Markt eingerichtet. Wenn ich wollte, könnte ich jederzeit dort hinblicken, wo ich als Schüler des PGU täglich entlanggelaufen bin. Interessant an der Website ist übrigens die Info, unter welchen juristischen Voraussetzungen man Personen in der Öffentlichkeit abbilden darf, ohne dass die eingewilligt haben.

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Tölchen quiere quedarse en la hamaca

Ajax

Tölchen aka Ajax vom Teufelslauch in meiner Hängematte aus Tintorero in Venezuela.

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Kraft durch Freude am Mainstream

Avatare

Die „Decken“ enthalten Scripte, die den liegenden Avataren nach einigen Minuten Lindendollar auszahlen, die Second-Life-interne Währung. Die Scripte drehen die Avatare auch in regelmäßigem Rhythmus gleichzeitig um. Die Inhaber des Territoriums generieren damit „Traffic“ – je mehr Avatare sich auf einem Gebiet aufhalten, um so mehr rückt das in der internen Suchmaschine nach vorn.

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Die Rückkehr des Staates

Zeit

Ich hätte gern das kommentiert, was Jens Jessen, Chef des Feuilletons der gedruckten Zeit, auf Zeit online über das Finanzkapital und über Stamokap reloaded (auch bekannt als: Karl Marx hatte wieder mal Recht) zu sagen hat. „Was man aus den Zusammenbrüchen an der Wall Street lernen muss“. Vor allem eins: Jetzt kennen sich auch Feuilletonisten schon bei Wirtschaftsthemen aus. Ich warte darauf, dass Sportreporter demnächst über die „Online-Durchsuchung“ berichten. Übrigens lausche ich zu Fragen der Ökonomie am liebsten Georg Schramm. Der recherchiert ordentlich und zieht die richtigen Schlussfolgerungen: Willkommen in der Anstalt!

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Falschmeldung der Tagesthemen zu Exit

Tagesschau

Medien, das wissen wir nicht erst seit Hal Faber von heute, betreiben nicht nur Aufklärung, sondern auch Volksverdummung. Wir alle machen Fehler. Ärgerlich wird es nur, wenn diejenigen, die Falschmeldungen verbreiten, diese weder zugeben noch korrigieren. Die Tagesthemen vom 06.09.2008, 23.15 Uhr, sind ein lehrreiches Beispiel dafür, dass bei bestimmten Themen nicht Recherche, sondern unkritische Public Relations und das Motto „Kopf ab zum Gebet“ angesagt ist.

Die Kernsätze des Beitrags über „Aussteigerprogramme“ für Neonazis: „Die Szene“ werde „immer aggressiver“ (der Komparativ ist bei alarmistischer Attitude gesetzt). „Wer aus der aktiven Neonazi-Szene aussteigen will, dem droht meist brutale Rache.“ – „Das geht kaum ohne Hilfe.“

Das ist natürlich eine urbane Legende und kompletter Unfug. Die Autoren Boris Hermel und Martin Polansky haben offenbar nicht recherchiert, sondern blind alles übernommen, was ihnen von Exit Deutschland eingeflüstert worden ist. [Beim RBB wollte man mir den telefonischen Kontakt zu Hermel wegen einer Stellungnahme nicht herstellen.] Wenn jemand, der den Aussteig zum Beruf gemacht hat wie Matthias Adrian, der „Kronzeuge“ bei Exit, von einer „Hetzjagd im Internet“ faselt, dann muss man jedes Wort überprüfen. Die Fakten sprechen gegen Adrian – die vermeintliche Bedrohung existiert nicht, sondern dient nur der Selbstvermarktung.

Vater aller „Neonazi-Aussteiger ist übrigens Richard Scheringer. Zahlreiche Ex-Nazis haben Bücher geschrieben oder können bestätigen, dass der Ausstieg aus einem sektenähnlichen Milieu keinesfalls gefährlich ist: Ingo Hasselbach, Danny Thüring, Detlef Nolde, Michael Petri, Gabriel Landgraf, Tanja Privenau, Odfried Hepp, Jan Zobel, Stefan Michael Bar, Stefan Jähnel, Jörg Fischer, Michael Wobbe, Christine Hewicker, Nick W. Greger, Torsten Lemmer und Norbert Weidner. Wenn es Hermel und Polansky um ernsthaften Journalismus gegangen wäre, hätten sie mehr als eine Quelle befragt. Bei diesem Thema findet man das aber kaum, sondern nur Lichterkettenträgerei und Moraltheologie mit den seit zwei Jahrzehnten sattsam bekannten sinnfreien Textbausteinen.

Die eigentliche Falschmeldung ist aber die These, das Bundesarbeitsministerium habe den Förderantrag von Exit abgelehnt. Offenbar hielt es die Redaktion der „Tagesthemen“ noch nicht einmal für nötig, dort nachzufragen. Ich habe es getan. Der Antrag war noch gar nicht beschieden worden und wies auch, wie bei anderen Antragstellern, formale Mängel auf. Exit hat also schlicht gelogen. Auf meine Nachfrage bei Exit wurde behauptet, die Lage sei „noch unklar“. Am letzten Montag sei ein Gespräch mit dem Ministerium angesetzt. Auch das war frei erfunden – das Bundesarbeitsministerum wusste davon nichts.

Tagesschau

Ich habe die „Tagesthemen“ drei mal per E-Mail zu einer Stellungnahme aufgefordert – eine Antwort bekam ich nicht. Vielleicht ist die E-Mail in einem virtuellen Bermuda-Dreieck verschwunden, vielleicht ist das Thema auch zu unwichtig, als dass man sich damit befassen müsste.
„Lieber Kollege Hinrichs, ich hätte gern eine Stellungnahme der Redaktion der ‚Tagesthemen‘ zur Sendung vom 06.09.2008, 23.15 Uhr „‚Initiative „Exit‘ für Aussteiger aus der Neonazi-Szene vor dem Aus“.
1. Die Autoren Boris Hermel und Martin Polansky behaupten, das Bundearbeitsministerium habe den jüngsten Förderantrag von Exit abgelehnt. Welche Quelle gibt es für diese These? Die zuständige Stelle im Bundesministerium für Arbeit und Soziales sagt auf Anfrage, über den Antrag sei noch gar nicht entschieden worden.
2. Welche unabhängigen Quellen gibt es für die These, Exit habe 290 Rechtsextremen zum Ausstieg verholfen? Wurde diese Behauptung überprüft oder beruht sie ausschließlich auf der Selbstdarstellung von Exit?
3. Welche Belege gibt es für die in der Sendung aufgestellte These, Aussteigern aus dem rechtsextremen Milieu drohe „meist brutale Rache“?
4. Warum wird in der Sendung nicht erwähnt, dass Exit auch vom Bundesfamilienministerium gefördert wird?“

Das Hamburger Abendblatt verriet vor fünf Jahren unfreiwillig, wie die Aussteiger-Zahlen von Exit zustandegekommen sein könnten, wenn überhaupt etwas Wahres dran ist: „170 Ausstiegswillige wurden bis heute von „Exit“ betreut. 35 von ihnen haben den Ausstieg geschafft.“ Aber sicher: Jeder, der dort anruft, ist damit offenbar gleich ein „Aussteiger“ und schönt die Statistik. Was „Ausstieg“ bedeutet, kann ohnehin niemand überprüfen.

Man darf sich als Journalist auch mit der „guten Sache“ nicht gemein machen, also auch nicht lügen, um dem Guten zu helfen. Ich zweifele daran, dass „Aussteigerprogramme“ etwas „Gutes“ sind. Man könnte sie ersatzlos streichen, und niemandem würde das unangenehm auffallen. Sie dienen ohnehin der Politik nur als moralischen Feigenblatt. „Gut“ ist die Berichterstattung über das Thema, weil sie als pädagogisch wertvolles Paradebeispiel für mangelnde Recherche und den desaströsen Zustand des Journalismus in Deutschland dienen kann.

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Kehrwoche | Rixdorfer Subbotnik

Müll

Heute haben einige Bürgerinnen und Bürger, darunter auch ich in Begleitung von Tölchen aka Ajax vom Teufelslauch, die Streuobstwiese am Richarplatz von Müll gereinigt. Der Besitzer des größten Teil des Areals, eine Wohnungsbaugesellschaft, kümmert sich nicht darum. Zum Subbotnik war vom Quartiersmanagements Richardplatz Süd aufgerufen worden. Ein gutes halbes Dutzend Erwachsene und rund zehn Kinder waren dem Aufruf gefolgt. Ceterum censeo: Auf die Streuobstwiese gehört keinGarten der Poesie„, sondern ein prosaischer Garten für alle, inklusive Tölchen. Von den direkten Anwohnern ließ sich kaum jemand blicken. Aber die zahlen über die Betriebskostenabrechnung ohnehin für die „Pflege“ des Platzes. Kein Wunder, dass sie nicht freiwillig auch noch dafür arbeiten wollen. Die Kinder hatten zunächst Angst vor Tölchen, das ich frei laufen ließ. Aber das legte sich. Kinder sollten lernen, dass Hunde im Normalfall weder bellen noch beißen. Leider kann man nicht immer erkennen, ob die Hunde bekloppt und schlecht erzogen sind. Aber oft sieht man es sofort an den Besitzern.

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Terroristische Feuchtgebiete

Heute eine E-Mail von Amazon:

Wir empfehlen:
Feuchtgebiete von Charlotte Roche, Preis: EUR 14,90
Empfohlen, da Sie folgende Artikel gekauft oder bewertet haben: „Der Baader Meinhof Komplex“

Wie darf ich das jetzt verstehen?

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Berlin Wall 2.0

Berlin wallBerlin wallBerlin wallBerlin wallBerlin wall

Liebe wohlwollenden Leserinnen und geneigte Leser! Heute erzähle ich euch eine kleine Geschichte darüber, wie das Mediengeschäft funktioniert. Ich habe einen kleinen Artikel niemandem verkaufen können, was nicht verwundert, denn so interessant ist er nicht. Aber wofür habe ich mein Blog?

Im Avastar las ich: „Nach dem Prinzip ‚Geschichte zum Anfassen‘ bauten Conny Colman und Bacoo Balut historische Stätten, wie die Umgebung entlang der Berliner Mauer, einen Grenzübergang und eine Wohnsiedlung in Marzahn nach.“ Die „Eröffnungsfeierlichkeiten“ seien am 13. August. Man muss wissen, dass der „Avastar“ die BILD-Zeitung für Second Life ist und auch von Springer publiziert wird. Man darf also vermuten, dass mindestens die Hälfte gelogen oder frei erfunden ist. Oder: Als seriöser Journalist darf man sich auf nichts verlassen und muss jedes Wort überprüfen.

Ich habe also meinen Avatar auf den Weg geschickt. In der SL-internen Suche fand ich nichts. Ich musste auf meine Kontakte in Second Life zurückgreifen. Conny Colman (Realname: Jo Fabian) war mein erster Vermieter in Second Life – im Januar 2007. Ich habe ihn gefragt, wo die Sim sei und bekam auch eine Antwort – neben der SIM „Preussen“. Dennoch: Ich kam nicht hinein in die virtuelle DDR. Coleman: „Der Auftraggeber möchte erst eröffnen, wenn auch die Hardware im RL Museum steht und die ist noch nicht soweit“. Der Auftraggeber bestreitet das.

Ich konnte also nur virtuell über die Mauer gucken. Ganz wie im realen Leben: Dort hatte ich Einreiseverbot in die DDR (wegen Linksabweichung von der Ewigen Wahrheit des Kommunismus). Das Gefühl kannte ich: Den Kalten Kriegern in Berlin, die die Parole „geht doch rüber“ brüllten, konnte ich immer entgegnen: Die lassen mich nicht, und ich wollte auch gar nicht.

Die Recherche ergab, dass die virtuelle Mauer ein Projekt des real existierenden DDR-Museums in Berlin ist – „von der Jury für den European Museum of the Year Award 2008 nominiert.“ Die Falschmeldung des Avastar wurde mehrfach übernommen. Der Direktor des Museums, Robert Rückel, schrieb mir auf Anfrage. „Die Sim ist noch nicht eröffnet. Die Informationen des Avatars waren Falschinformationen der Agentur, mit der wir zusammenarbeiten, die eigenmächtig gehandelt hat. An einem traurigen Jubiläum wie dem 13. August, hatten wir niemals vor, die Sim zu eröffnen. Auf der Sim werden eine Plattenbausiedlung nachgebaut und einige Elemente der DDR-Diktatur implementiert. Ziel der Sim ist es, SL-Usern auf spielerische Art und Weise Wissen über die Geschichte zu vermitteln. Dafür ist es natürlich ganz wichtig, dass es überall Informationen zu den Objekten und den Hintergründen gibt – da diese noch fehlen, ist die Sim derzeit noch gesperrt. Ich hoffe, das wir bald dazu die notwendige Zuarbeit der Programmierer bekommen, damit die Sim in Kürze eröffnet werden kann. Näheres erhalten Sie dann pünktlich zur Eröffnung.“

Hätte ich die Story einer Berliner Zeitung verkaufen können, hätte ich nicht viel mehr recherchieren müssen. Aber ich gehe jede Wette ein, dass die Berliner Medien im November, wenn das Gelände wirklich freigeschaltet werden wird, schlicht die unkritischen Pressemeldungen abdrucken. Dazu muss man nicht recherchieren; und dazu muss man einem freien Journalisten, der sich die Mühe macht, eigene Screenshots zu liefern, kein Honorar bezahlen.

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