Deutsches Sicherheitsnetz

Manchmal wundere ich mich doch, wie dreist clevere Geschäftsideen sind, die als Partner Computer- und Internet-DAUs voraussetzen und mit deren Chuzpe man Eskimos auch Kühlschränke andrehen könnte. Und noch mehr ärgere ich mich über die gewohnt unkritische Berichterstattung der Medien, die sich dafür instrumentalisieren lassen. In diesem Fall wieder mal die ARD-Mediathek, Bayern 3. „Jeder zweite PC ist durch seinen Internet-Browser angreifbar! Das hat eine Untersuchung des Vereins Deutsches Sicherheitsnetz ergeben.“ tönt es da. Zwei unabhängige Quellen? Nein, gar keine.

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Der Verein hat auch eine PR-Meldung rausgehauen:

wir möchten Sie für einen bisher nicht dokumentierten Bereich der PC-Sicherheit in privaten Haushalten interessieren (siehe auch ARD Mediathek:
http://ardmediathek.de/ard/servlet/content/878838).
In einer neuen Studie an über 65.000 privaten PCs konnte das Deutsche Sicherheitsnetz e. V. nachweisen, dass jeder zweite Computer durch Videos und Bilddateien angreifbar ist. Betroffen sind alle Browser und Betriebssysteme. Bei solchen Multimedia-Angriffen können Spionageprogramme auf den PC gelangen – ohne dass der Nutzer selbst aktiv etwas gemacht hat. Eine ausführliche Pressemeldung finden Sie im Anhang. (…)
Mit besten Grüßen und der Bitte um Veröffentlichung, Frank Bock, Deutsches Sicherheitsnetz e.V., Schauenburgerstraße 116, 24118 Kiel

Der Anhang war – man glaubt es kaum – ein Word-Dokument! Das ist ein Indiz dafür, dass es sich bei dem „Sicherheitsnetz“ a) garantiert um eine Pfeifentruppe handelt und b) man die Angelegenheit nur mit der Kneifzange anfassen darf.

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Mit dem Verein verbandelt ist wie gewohnt eine Firma, die Coronic GmbH, die in norddeutschen Lokalzeitungen kritik – und recherchelos abgefeiert wird.

Domain: Deutsches Sicherheitsnetz e. V.
Address: Schauenburgerstr. 116
Address: C/o Coronic
Pcode: 24118
City:Kiel

Die Geschäftsidee ist vermutlich: Firmen eine Software anzudrehen, die das macht, was zum Beispiel gratis auch beim c’t-Browsercheck oder bei grc.com erhältlich ist. Dort werden die Sicherheitseinstellungen des jeweiligen Browsers ausgelesen und kommentiert – natürlich kostenlos. Die Volksbank Nordheide bietet das in abgespeckter Form jetzt auch an. Dem Verein gehören diverse Banken als juristische Personen an. So einfach ist das.

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Linux- und Mac-Nutzer müssen draußen bleiben. Aber vielleicht sollte man den Damen und Herren verraten, dass es reichte, den Surfern nicht ein Tool anzubieten, mit dem man die Zeit sinnfrei verplempert, sondern sie auf die Ratschläge des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hinzuweisen und darauf, dass jemand, der Word-Attachment verschickt wie Tony Blair und der Verein „Deutsches Sicherheitsnetz“, von Sicherheit so viel Ahnung hat wie Schäuble vom Internet – gar keine.

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