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Konkret 12/2000
.Konsens der Demokraten
  - In der Diskussion über ein mögliches NPD-Verbot gewinnt der Antifa-Diskurs religiöse Züge

Kaiser Wilhelm würde sich über die deutsche Linke freuen. Wir kennen keine Parteien mehr, wir kennen nur noch Deutsche. Und jetzt alle zusammen: wir fordern gemeinsam ein Verbot des Bösen alias der NPD. Amen. Von konservativen Hardlinern bis zur antifaschistischen Kuschelgruppe: Der Obrigkeitsstaat ist hip und Mainstream. Mit Rot-Grün wird endlich Realität, was die strenggläubige "Neonazi-Aufmarsch-verhindern"-Antifa schon immer forderte: Strukturen erst entlarven und dann zerschlagen. Auch der linke Deutsche kann ohne ordentliche Strukturen nicht leben. Und böse Strukturen wie die NPD machen ihm mehr Angst als rassistischer Strassenterror, der ganz unordentlich und unstrukturiert ist. Verbieten, hart durchgreifen, Deckel drauf - das gemeinsame kulturelle Erbe von Ost und West.

Fakten sind nicht gefragt. Das gilt für jede Diskussion, die sich um Prohibition dreht. Fakten wären: Die maximale Anzahl der Wählerstimmen für rechtsextreme Parteien hat sich seit dreissig Jahren nicht verändert, ist sogar im Bundesdurchschnitt gesunken. Die Zahl der Gewalttaten mit rassistischen und antisemitischem Hintergrund stieg jedoch extrem und stabilisierte sich, im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, auf hohem Niveau. Es gibt keinen signifikanten Zusammenhang zwischen der Zahl rassistischer Übergriffe, den Mitgliederzahlen rechtsextremer Organisationen und dem Wahlverhalten in Deutschland. Einer der beliebtesten öffentlichen Mythen ist jedoch die spekulative These, es gäbe diesen Zusammenhang. Da gegen öffentliche Diskurse, die auf Legenden fußen, kein rationales Kraut gewachsen ist, wäre es jedoch müßig, Argumente einfzufordern.

Menschenrechte wie Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit für alle, auch für Nazis? Wo kämen wir denn da hin. "Immer an die Opfer denken" - so diskutiert Joachim Rohloff in der "Jungle World" heftig am Thema vorbei. Mit diesem Argument könnte man gleich die Todesstrafe für Rassisten fordern. Und je nach politischer Couleur würde der Verfassungsschutz oder die Antifa Kleinkleckersdorf entscheiden, wer für die Guillotine in Frage käme. Rassismus und die NPD jedoch haben nicht so viel miteinander zu tun, wie uns die Fans des harten Durchgreifens weismachen wollen. Wer die NPD verbieten will, betreibt symbolische Politik, die zwar protestantisch korrekt, aber wirkungslos ist. Viel schlimmer noch: er streut Sand in die Augen. Die wichtigste Ursache für den grassierenden Rassismus ist die ethnische Definition deutscher Kultur und Nation. Das ist der Konsens der Demokraten. Und dafür ist die NPD nicht verantwortlich, sondern nur ein Symptom.

Wolfgang Schäuble meinte in einem Interview: "Wir schöpfen unsere Identität nicht aus dem Bekenntnis zu einer Idee, sondern aus der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Volk." Diese These unterscheidet sich nicht vom NPD-Programm wie der Satz: "Die Völker sind die Träger der Kulturen." Das würde die Mehrheit der Deutschen bedenkenlos unterschreiben, wenn man die Quelle unterschlüge. Konsequent wäre es für die "Keinen Fußbreit den"-AntifaschistInnen, zunächst zu fordern, Schäuble, Stoiber und alle die einzusperren, die Juden, Afrodeutsche und Mohammedaner nicht zur deutschen Leitkultur zählen. Und warum läuft Jörg Schönbohm frei herum, obwohl der meint, sich in bestimmten "Quartieren" nicht mehr in Deutschland zu befinden? Immer an die Opfer denken, Joachim Rohloff!

Der deutsche Diskurs beginnt religiöse, ja hysterische Züge anzunehmen. Er ähnelt der öffentlichen Gruppendynamik der McCarthy-Ära in den USA. Es gilt, sich gemeinsam zum Guten zu bekennen. Mein Herz ist rein, soll niemand drin wohnen als das Gute und Schöne und Disneyland allein. Gegen den Hass im Internet! Wer nicht teilnimmt, wird scheel angesehen - wie bei den Zeugen Jehovas. Bekennen heisst beichten, beten und büßen. Jede Lebensäußerung bekommt den korrekten Aufkleber, ansonsten geht alles seinen Gang: Hupen gegen Rechts, Trinken gegen Rechts, Netz gegen Rechts, Wurst essen gegen Rechts, Kerzen anzünden gegen Rechts. Alle sind betroffen - das kleinstmöglichste und unverbindlichste Gefühl, um sich nicht schämen zu müssen. Man könnte sich schämen, Deutscher zu sein, wenn man die menschenverachtende Abschiebepraxis miterlebt hat, wenn man einen Migranten auf eine deutsche Ausländerbehörde begleitet oder wenn sieht, was passiert, wenn ein Afrodeutscher versucht, vor Jugendtreffs im sächsischen Muldentalkreis einfach nur spazieren zu gehen. Aber darum geht es nicht. Es geht darum, sich mit der kleinstmöglichen Anstrengung ein gutes Gewissen zu verschaffen.

Kein Zufall, dass sich die deutsche Lichterkette, der Pfarrer-kompatible Fackelzug, als typische Aktion "gegen Nazis" oder was auch immer etabliert hat. Flamme empor gegen rechts, und verbrenne unsere Sünden. Der Deutsche, äussert er sich gemeinsam, hält immer die richtigen Symbole in den Wind, er zeigt Flaggen, das besorgte Antlitz oder den Mittelfinger her. Symbole bewirken aber "gegen rechts" genausowenig wie deutsche Schauspieler der zweiten Garnitur, die im Rahmen der Werbekampagne "Gesicht zeigen" eben dasselbe in eine Kamera halten, was sie ohnehin, unter wechselnden Logos, täglich tun. Es macht keinen Unterschied, ob ein Fernsehstar sich für "gegen rechts" verkauft oder für Badewannen oder Bidets. Diese Art von Aktionen erzeugen noch nicht einmal genügend kognitive Dissonanz, um Aufmerksamkeit der Zuschauer zu erregen. Wer sich nicht schämen kann, der merkt auch nicht, wie peinlich die Angelegenheit ist.

Gesicht zeigen für die "ausländischen Mitbürger" hat immer paternalistische Motive wie die höherer Töchter, die früher Heime für gefallene Mädchen gründeten. Die lieben Ausländer werden infantilisiert, damit man nett zu ihnen sein kann. Migranten, die dem Robbenbaby-Effekt nicht entsprechen wie rumänische Schleuserbanden und vietnamesische Zigarettenhändler mit Maschinenpistole kommen im Diskurs nicht vor. Die "regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen" suggerieren ohnehin, dass es auch ein Ministerium für Judenfragen gäbe. Es wird sich nur etwas ändern, wenn die Migranten ihre Stimme erheben und von ihrer neuen Heimat Deutschland etwas fordern, wenn ihr Diskurs und ihre Perspektive den Mainstream beeinflussen. Niemand fragt aber diejenigen, die aus der deutschen Leitkultur per Gesetz oder per Vorurteil und rassistischer Diskriminierung ausgeschlossen werden, was sie denken, wie sie die deutsche Gesellschaft gern hätten.

Der Geschäftsführer der Fernsehproduktionsfirma "Ave" Walid Nakschbandi, Deutscher afghanischer Abstammung, hat seinen gutmeinenden Landsleuten öffentlich die Leviten gelesen und damit nicht nur den Rechten jedweder Couleur den rassistischen Schaum vor den Mund treten lassen. "Geht nicht für uns auf die Straße; mit fünf- oder zehntausend Menschen wird es peinlich für Euch. Verbietet nicht die NPD oder den Rest dieser Ideologie, weil es dadurch noch tragischer und unangenehmer wird. Gründet keine Initiativen oder Vereine mehr, denn über Mitmenschlichkeit und Toleranz sollten Menschen einer zivilisierten Umgebung nicht mehr diskutieren."

Die strenggläubige Antifa führt noch immer einen kolonialen Diskurs auf dem Niveau der Multikulti-Debatte der siebziger Jahre. Sie krankt an ihrer oft gezeigten Affinität zur ethnischen Folklore à la "Gesellschaft für bedrohte Völker" und reproduziert mit den sinnfreien Appellen nach Verboten des Bösen an Law und Order. "Mit Antifa allein ist keine linke Politik zu machen", schrieb Ivo Bozic richtig in der "Jungle World". Antifa und "gegen Rechts" ohne eine politische Leitkultur und einen Diskurs, der von den Migranten vorgegeben wird, wird erfolglos ein. Auch die Linke sollte sich von den den Thesen Walid Nakschbandi angesprochen fühlen:

"Ein Leben ohne uns wird es für Euch nicht mehr geben. Die Ibrahims, Stefanos, Marios, Laylas und Sorayas sind deutsche Realität. Ihr werdet es nicht verhindern können, dass bald ein türkischstämmiger Richter über Euch das Urteil fällt, ein pakistanischer Arzt Eure Krankheiten heilt, ein Tamile im Parlament Eure Gesetze mit verabschiedet und ein Bulgare der Bill Gates Eurer New Economy wird. Nicht Ihr werdet die Gesellschaft internationalisieren, modernisieren und humanisieren, sondern wir werden es tun - für Euch. Ihr seid bei diesem leidvollen Prozess lediglich Zaungäste, lästige Gaffer. Wir werden die deutsche Gesellschaft in Ost und West verändern. Wir Ausländer."

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